Newsletter November 2025
Herausgegeben von Bohnet F., Carron B., Eggler M., Varin S. mit der Teilnahme von Bergmann I.
Mit der Unterstützung von Die Kammer der Fachanwälte SAV im Bau- und Immobilienrecht
Herausgegeben von Bohnet F., Carron B., Eggler M., Varin S. mit der Teilnahme von Bergmann I.
Werkvertrag; Mängelhaftung an gemeinschaftlichen Teilen des Stockwerkeigentums; Nachbesserungsrecht an gemeinschaftlichen Teilen; Durchführung der Nachbesserung; Art. 95, 368 ff. OR; 165 ff. SIA-Norm 118; 647a, 712a, 712g ZGB
Mängelhaftung an einem gemeinschaftlichen Teil des Stockwerkeigentums (Art. 368 ff. OR ; 165 ff. SIA-Norm 118) – Wiederholung der Grundsätze. Die Stockwerkeigentümer sind hinsichtlich der Mängel an den gemeinschaftlichen Teilen jeweils individuell Inhaber der Gewährleistungsansprüche, da diese Ansprüche aus dem von jedem Erwerber mit der Verkäuferin oder dem Unternehmer abgeschlossenen Vertrag fliessen (E. 7.1).
Nachbesserungsrecht an gemeinschaftlichen Teilen Nach neuerer Rechtsprechung sind die Nachbesserungsansprüche eines Stockwerkeigentümers wegen Mängeln an gemeinschaftlichen Teilen nicht im Umfang ihrer bzw. seiner Wertquote begrenzt. Das Recht auf kostenlose Nachbesserung steht vielmehr jedem Stockwerkeigentümer unteilbar zu. Die Gemeinschaft der Stockwerkeigentümer ist nicht aktivlegitimiert, da sie nicht Vertragspartei des Werkvertrags ist; ein Beschluss der Gemeinschaft ist für die Klage auf Nachbesserung nicht Voraussetzung (E. 7.2.1).
Ausführung der Nachbesserung an gemeinschaftlichen Teilen. Die tatsächliche Durchführung von Nachbesserungsarbeiten an gemeinschaftlichen Teilen setzt das Einverständnis der übrigen Stockwerkeigentümer voraus, weil der Unternehmer an gemeinschaftlichen Bauteilen eingreifen muss, die im Miteigentum aller Stockwerkeigentümer stehen. Es ist daher möglich, dass ein Stockwerkeigentümer, der seinen Nachbesserungsanspruch obligationsrechtlich wirksam geltend gemacht hat, gegenüber dem Unternehmer in Gläubigerverzug gerät (Art. 95 OR analog), wenn er nicht in der Lage ist, diesem den Zugang zur Baustelle zu verschaffen. In einem solchen Fall kann sich der Unternehmer seiner Pflicht zur Nachbesserung des mangelhaften gemeinschaftlichen Teils gegenüber dem betreffenden Stockwerkeigentümer entledigen. Dieses Problem betrifft jedoch allein die Erfüllung der Verpflichtung und berührt die Aktivlegitimation im Prozess auf Nachbesserung nicht, welche sich einzig danach richtet, ob der einzelne Stockwerkeigentümer als Inhaber des streitgegenständlichen Rechts aktivlegitimiert ist (E. 7.2.2). Im konkreten Fall war die Stockwerkeigentümerin daher berechtigt, die Instandstellung der mangelhaften Heizungsanlage zu verlangen, obwohl er keinen Beschluss der Stockwerkeigentümerversammlung vorgelegt hatte (E. 7.3).
Avocat, doctorant auprès de la chaire de droit des obligations de l'Université de Neuchâtel
Professeur à l'Université de Neuchâtel, LL.M. (Harvard), Dr en droit, avocat spécialiste FSA droit du bail, avocat spécialiste FSA en droit de la construction et de l’immobilier
Mäklervertrag; Ungerechtfertigte Bereicherung; Verwirkung des Maklerlohns bei Doppelmandat; Zahlung einer Nichtschuld; Art. 62 ff., 415 OR
Ungerechtfertigte Bereicherung (Art. 62 ff. OR) – Wiederholung der Grundsätze (E. 2.1). Verwirkung des Maklerlohns und Doppelmandat (Art. 415 OR) – Wiederholung der Grundsätze (E. 3.1). Im konkreten Fall erlauben weder die Erfahrung der Parteien im Immobiliengeschäft noch ihre angebliche Zufriedenheit mit dem Ergebnis der Transaktion den Schluss, der dem Doppelmaklerauftrag innewohnende Interessenkonflikt sei beseitigt worden.
Zahlung einer Nichtschuld (Art. 63 OR) – Der Irrtum, der der Zahlung einer nicht bestehenden Schuld zugrunde liegt, muss nicht entschuldbar sein ; jede Art von Irrtum – rechtlicher oder tatsächlicher, entschuldbarer oder nicht entschuldbarer – rechtfertigt die Rückforderung. Im kaufmännischen Verkehr ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Leistende nicht schenken will, weshalb im Allgemeinen ein Irrtum vermutet werden kann. Ging der Leistende davon aus, der Empfänger habe einen vertraglichen Anspruch auf die in Rechnung gestellte Leistung, befand er sich über seine Zahlungspflicht im Irrtum, falls ein solcher Anspruch tatsächlich nicht bestand (E. 4.1). Im konkreten Fall kannte der Auftraggeber das Doppelmandat nicht und befand sich daher beim Bezahlen der Provision im Irrtum, weshalb der Makler den vereinnahmten Lohn zurückzuerstatten hat (E. 4.2-5).
Eigentum/Besitz; Rechtsschutz in klaren Fällen; schutzwürdiges Interesse; Verpflichtung ohne Erfüllungszeit und Vollzug des zweiseitigen Vertrags; Art. 59, 257 ZPO; 665 ZGB; 75, 82 OR
Rechtsschutz in klaren Fällen (Art. 257 ZPO) – Wiederholung der Grundsätze (E. 4.1–4.2). Schutzwürdiges Interesse (Art. 59 Abs. 2 lit. a ZPO) – Ein Begehren, das auf die Eigentumsübertragung Zug um Zug gegen Bezahlung des Kaufpreises gerichtet ist (Art. 665 ZGB), ist nicht ohne schutzwürdiges Interesse (E. 5.2).
Verpflichtung ohne Erfüllungszeit (Art. 75 OR) und Erfüllung des zweiseitigen Vertrags (Art. 82 OR) – Vorliegend war die Pflicht zur Übertragung der lastenfreien Grundstücke fällig geworden. Es ist nicht willkürlich, die Eigentumsübertragung gleichzeitig mit der Bezahlung des restlichen Kaufpreises zuzusprechen (E. 6.2).
Hinweis : die Urteile 4A_63/2025 und 4A_65/2025 betreffen weitere Grundstücke in derselben Angelegenheit und enthalten eine ähnliche Begründung.
Eigentum/Besitz; Bemessung der Enteignungsentschädigung; Art. 26 BV
Bemessung der Entschädigung im Enteignungsfall (Art. 26 BV) – Wiederholung der Grundsätze (E. 3.2–3.3). Im vorliegenden Fall darf man sich nicht damit begnügen, anzunehmen, dass das Fällen der Bäume keine Auswirkungen auf die Lebensqualität der Bewohner (Aussicht, Beschattung usw.) und damit auf den Wert der Liegenschaft hätte. In einer Wohnzone ist ein allfälliger Minderwert nach der Differenzmethode zu bestimmen (E. 3.4).
Miteigentum; Aufhebung des Miteigentums; Art der Teilung; Steigerungsbedingungen; Art. 650 ff. ZGB
Aufhebung des Miteigentums (Art. 650 ZGB) – Wiederholung der Grundsätze (E. 3.2). Art der Teilung (Art. 651 ZGB) – Fehlt eine emotionale oder persönliche Bindung an die Grundstücke bzw. handelt es sich nicht um ein über Generationen hinweg weitergegebenes Familiengut, ist eine öffentliche Versteigerung anzuordnen, da diese in der Regel den besten Preis erzielt. Es ist nicht willkürlich, eine solche Bindung zu verneinen, wenn das Grundstück lediglich geerbt wurde, ohne ein Familiengut darzustellen (E. 4.2). Eine Realteilung ist nicht geeignet, die Konflikte zwischen den Parteien zu lösen und eine harmonische Auseinandersetzung des Miteigentums zu gewährleisten (E. 5.3).
Steigerungsbedingungen – Sehen die Steigerungsbedingungen den Fall nicht vor, dass einem der Miteigentümer der Zuschlag erteilt wird, hat die zuständige Behörde die Verteilung entsprechend anzupassen (E. 6.3).
Schuldbetreibung; Zustellung des Zahlungsbefehls an den Ehegatten; Art. 153 SchKG; 169 ZGB
Zustellung des Zahlungsbefehls an den Ehegatten (Art. 153 Abs. 2 lit. b SchKG) – Wiederholung der Grundsätze. Der für den Ehegatten bestimmte Zahlungsbefehl darf dem Schuldner nicht zugestellt werden, da nicht überprüft werden kann, ob dieser ihn seinem Ehegatten tatsächlich weiterleitet, was die Schutzwirkung der Bestimmung in Frage stellen würde. Umgekehrt besteht diese Gefahr nicht, wenn der Ehegatte den für den Schuldner bestimmten Zahlungsbefehl entgegennimmt, weil in dieser Konstellation die Möglichkeit des Ehegatten, sich der Verwertung der Familienwohnung zu widersetzen, nicht betroffen ist. Die Zustellung ist daher gültig (E. 3.3.2). Im Übrigen muss ein Ehegatte, der bereits einen Zahlungsbefehl in seiner Eigenschaft als Dritteigentümer erhalten hat, keinen zweiten Zahlungsbefehl in seiner Eigenschaft als Ehegatte entgegennehmen, da der Zweck des Schutzes der Familienwohnung mit dem ersten Zahlungsbefehl erreicht ist, gegen den er Rechtsvorschlag erheben kann und in dessen Rahmen er auch eine Verletzung von Art. 169 ZGB geltend machen kann (E. 3.3).
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