Newsletter September 2025
Herausgegeben von Bohnet F., Carron B., Eggler M., Varin S.
Mit der Unterstützung von Die Kammer der Fachanwälte SAV im Bau- und Immobilienrecht
Herausgegeben von Bohnet F., Carron B., Eggler M., Varin S.
Verfahren; Ausstand; Anschein der Befangenheit; Vergleichsverhandlung; Art. 30 BV; 6 EMRK; 47, 124, 205 ZPO
Ausstand – Wiederholung der Grundsätze (E. 4.2). Anschein der Befangenheit – Der Richter des Handelsgerichts, der im Rahmen einer Verhandlung zur Schlichtung zwischen den Parteien die Erfolgsaussichten einschätzt, indem er angibt, dass die Voraussetzungen von Art. 366 Abs. 1 OR « mit Sicherheit » erfüllt seien und dass « […] es werde […] in jedem Fall etwas hängen bleiben », und dass andernfalls Art. 377 OR anwendbar sei, erscheint nicht als parteiisch. Folglich ist sein Ablehnungsantrag abzuweisen (E. 6.2-6.3).
Avocat spécialiste FSA droit du bail, LL.M., Dr en droit, Professeur à l'Université de Neuchâtel
Architekturvertrag; Vertretung bei fehlender interner Vollmacht; Art. 33 Abs. 3 OR
Vertretung ohne interne Vollmacht (Art. 33 Abs. 3 OR) – Wiederholung der Grundsätze. Wer den Anschein einer Vertretungsbefugnis erwecken lässt, ist an die in seinem Namen vorgenommenen Handlungen gebunden. Es muss eine Mitteilung der Vollmacht durch den Vertretenen an den Dritten (externe Vollmacht) vorliegen, die über die dem Vertreter tatsächlich übertragenen Befugnisse (interne Vollmacht) hinausgeht, und der Dritte muss gutgläubig sein. Die Mitteilung kann ausdrücklich oder stillschweigend erfolgen ; sie ist nach dem Vertrauensprinzip auszulegen. Es ist nicht erforderlich, dass sich der Vertretene der Mitteilung bewusst ist, sofern sie ihm aufgrund der ihm bekannten oder hätte bekannten Umstände objektiv zuzurechnen ist (E. 4.4.3).
Im vorliegenden Fall hat der Architekt zwei Verträge im Namen des Bauherrn ohne interne Vollmacht abgeschlossen. Der Bauherr wird zur Zahlung der in diesen Verträgen vorgesehenen Beträge verurteilt, da er stillschweigend den Anschein erweckt hat, dass ein Vertretungsverhältnis bestand (E-Mail-Austausch mit dem Dritten und dem Architekten sowie Unterzeichnung der vom Dritten vorbereiteten Vereinbarung über die Nutzung der Erdbebensicherheit der Bauwerke) (E. 4.2 und 4.4.4).
Dienstbarkeit; Auslegung einer Dienstbarkeit; Art. 738 ZGB
Auslegung einer Dienstbarkeit – Wiederholung der Grundsätze (E. 4.2). Wenn der Wortlaut der Eintragung im Grundbuch und des Dienstbarkeitsvertrags nicht eindeutig ist, muss das Ziel berücksichtigt werden, das sich aus dem Erwerbsgrund ergab oder objektiv erkennbar war. Im vorliegenden Fall verstösst die Errichtung von Absperrungen auf Grundstücken, die nicht von der Dienstbarkeit betroffen sind, aber dennoch verhindern, dass ein Teil der Grundstücke über die Durchfahrt an eine öffentliche Strasse gelangt, nicht gegen die Dienstbarkeit, da diese zum Zweck der Nutzung eines Parkplatzes und nicht zur Schaffung einer Zufahrt in dieser Verkehrsrichtung begründet wurde (E. 4.3).
Allgemein bekannte Tatsachen und Grundbuch – Die Eigenschaft als Eigentümer einer Parzelle oder die Breite einer Strasse sind allgemein bekannte Tatsachen, wenn sie aus dem Grundbuch ersichtlich sind (E. 4.3).
Bauhandwerkerpfandrecht; Vollmacht; Art. 68 Abs. 3 ZPO
Vollmacht (Art. 68 Abs. 3 ZPO) – Die Tatsache, dass eine alte, nicht verfahrensspezifische Vollmacht mit unleserlicher Unterschrift im Verfahren zur vorläufigen Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts akzeptiert wurde, verpflichtet das Gericht nicht, dies auch im Verfahren zur endgültigen Eintragung zu tun. Es handelt sich nämlich um zwei getrennte Verfahren, die sich in ihrer Art und ihrem Gegenstand unterscheiden und von verschiedenen Gerichten beurteilt werden (E. 5).
Eigentum/Besitz; Widerruf der Erwerbsbewilligung; Art. 25 BewG
Widerruf der Erwerbsbewilligung (Art. 25 BewG) – Wiederholung der Grundsätze (E. 3.2). Der Widerruf der Erwerbsbewilligung ist nach Gewährung einer angemessenen Frist gerechtfertigt, wenn die zur Erfüllung einer in der ursprünglichen Verfügung vorgesehenen Auflage erforderlichen Arbeiten nach 19 Jahren immer noch nicht durchgeführt worden sind. Die Situation kann nämlich nicht mehr als vorübergehend angesehen werden (E. 5.4).
Schuldbetreibung; Provisorische Rechtsöffnung und durch eine Hypothek gesicherte Forderung; Art. 82 SchKG
Provisorische Rechtsöffnung und durch Schuldbrief gesicherte Forderung – Eine provisorische Rechtsöffnung kann nur erteilt werden, wenn sowohl die Forderung aus dem Schuldbrief als auch die zugrunde liegende Kausalforderung fällig sind, da der Gläubiger zur Verwertung des Grundpfandrechts erst berechtigt ist, wenn der Sicherungsfall eingetreten ist. Im vorliegenden Fall räumt der Darlehensvertrag der Bank ein ausserordentliches Kündigungsrecht ein, wenn sich der Schuldner mit der Zahlung von Zinsen, Amortisationen, Provisionen, Entschädigungen oder sonstigen Nebenkosten während mehr als 30 Tagen im Verzug befindet. In grammatikalischer Auslegung dieser Vertragsklausel gelangt das Bundesgericht unter dem Gesichtspunkt der Glaubhaftigkeit zum Schluss, dass der Verzug im Zeitpunkt der Kündigung noch andauern muss. Folglich war die durch ein Grundpfandrecht gesicherte Kausalforderung im Zeitpunkt der Zustellung des Zahlungsbefehls nicht fällig, und die provisorische Rechtsöffnung ist zu verweigern (E. 5.5–5.6).
Strafrecht; Übertretung gegen das Baurecht; Verjährung; Art. 61 BauG/VS; 97-98 StGB
Berechnung der Verjährungsfristen – Die Berechnung der Verjährungsfristen für den kantonalen Verstoss gegen das Baugesetz (Art. 61 BauG/VS) erfolgt anhand der Artikel 97–98 StGB, die als ergänzendes kantonales Recht anwendbar sind (E. 3.2). Ein Bauvorhaben, das Gegenstand einer einzigen Baubewilligung ist, bildet eine Einheit, unabhängig von seiner Grösse, der Vielfalt der geplanten Arbeiten und der Notwendigkeit, diese in mehreren Etappen durchzuführen. Somit ist keine der Handlungen des Architekten, der mehrfach die genehmigten Pläne ausgeschlossen hat, verjährt. Es handelt sich nicht um mehrere separate Übertretungen, sondern um verschiedene Handlungen im Rahmen ein und desselben Übertretung, die erst mit der Fertigstellung des genehmigten Bauwerks vollständig vollendet ist (E. 3.4).
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