Newsletter Februar 2025

Herausgegeben von Bohnet F., Carron B., Eggler M. und Varin S., mit der Teilnahme von Fluri S.


BGer 4A_609/2023 vom 20. Dezember 2024

Verfahren; Vorsorgliche Beweisführung Beschwerde; Art. 158, 168 ff., 183 ff., 308 ff., 319 ff. ZPO

Beschwerde und Berufung in Zivilverfahren (Art. 308 ff., 319 ff. ZPO) – Wiederholung der Grundsätze (E. 3.1.1 und 3.1.2). Vorsorgliche Beweisführung (Art. 158 ZPO) – Wiederholung der Grundsätze (E. 3.2). Alle Beweismittel, die in Art. 168 ff. ZPO vorgesehen sind, können ausserhalb eines Gerichtsverfahrens als vorsorgliche Beweisführung vorgebracht werden. Wenn es sich um ein Gutachten handelt, gelten die Regeln der Art. 183-188 ZPO. Nach Abschluss des Beweisverfahrens schliesst der Richter das Verfahren ab und legt die Kosten und Parteientschädigung dem Kläger auf, der diese später im Hauptverfahren geltend machen kann (E. 3.2.2).

Rechtsmittel bei vorsorglicher Beweisführung – Die Ablehnung des Antrags auf vorsorgliche Beweisführung ausserhalb eines Verfahrens kann Gegenstand einer Berufung gemäss Art. 308 Abs. 1 lit. b ZPO oder, wenn der Streitwert CHF 10’000.- nicht erreicht, einer Beschwerde gemäss Art. 319 lit. a ZPO sein. Im Gegensatz dazu ist die Entscheidung über die Zulassung des Antrags auf vorsorgliche Beweisführung, die anordnet, dass ein Beweismittel abgenommen wird, ihrem Wesen nach eine Entscheidung über die Abnahme eines Beweismittels, wie dies auch bei Entscheidungen im Sinne von Art.  231 ZPO der Fall ist. Nach dem Willen des Gesetzgebers handelt es sich hierbei um eine Prozessleitende Verfügung, die einer beschränkten Rechtsbeschwerde unterliegen, wenn sie einen schwer wiedergutzumachenden Nachteil verursachen können. Da die vorgebrachten Beweismittel vom Gericht, das mit der Hauptsache befasst ist, verworfen und erneut vorgebracht werden können und das Gericht auch ein zusätzliches Gutachten oder ein Gegengutachten anordnen kann, wird in der Regel kein schwer wiedergutzumachender Nachteil entstehen (E. 3.3.2). Schliesslich ist die Entscheidung, mit der der Richter feststellt, dass das Verfahren der vorsorglichen Beweisführung beendet ist, über die Kosten und Parteientschädigung entscheidet und den Fall aus dem Register streicht, die Abschreibung eines gegenstandslos gewordenen Verfahrens im Sinne von Art. 242 ZPO (E. 3.3.4).

Im vorliegenden Fall betrifft der Rechtsstreit ein Entscheid, der feststellt, dass das Verfahren der vorsorglichen Beweisführung abgeschlossen ist, wodurch ein zuvor von der Beklagten gestellter Antrag auf Unzulässigkeit gegenstandslos wurde. Eine solche Entscheidung kann nur mittels Beschwerde im Sinne von Art. 319 lit. b Ziff. 2 ZPO angefochten werden (E. 3.4.2). Die Berufung ist unzulässig (E. 3.4.3).

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Verfahren Gutachten Zur Publikation vorgesehen

Analyse der Rechtsprechung BGer 4A_609/2023

Simon Fluri

Rechtsanwalt, Fachanwalt SAV Bau- und Immobilienrecht

Rechtsmittel im Kontext der vorsorglichen Beweisführung

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BGer 4A_137/2023 vom 17. Dezember 2024

Werkvertrag; Abgrenzung Garantie für Mängel und Nichterfüllung; Gutachten; Schaden; Art. 18, 368 ff. OR; 183 ff. ZPO

Abgrenzung Mängelgewährleistung und Nichterfüllung – Bei einem Schaden, der aus einer Verletzung der Sorgfaltspflicht des Unternehmers oder seiner Hilfspersonen bei der Erfüllung eines Vertrages resultiert, kommen für den Ersatz dieses Schadens nicht die Mängelgewährleistungsrechte des Bauherrn (Art. 368 ff. OR), sondern die allgemeinen Bestimmungen über die Verletzung von Verpflichtungen in Art. 97 ff. OR. Diese Situation entspricht einer Verletzung oder Nichtterfüllung des Vertrages (E. 3.2). Im vorliegenden Fall betraf der Schaden bei einem Vertrag über die Entfernung von Felsen mit Hilfe von Sprengstoff die Beschädigung, die während der Arbeiten am Rest der Felswand verursacht wurde (und nicht die Quantität oder Qualität der abgesprengten Blöcke), so dass Art. 97 ff. OR anwendbar sind (E. 3.4).

Gutachten – Bei Vorliegen zusätzlicher Beweise und bestätigten Indizien kann auch ein Privatgutachten zum Beweis einer bestimmten Tatsache beitragen. Das vorliegende Gutachten, das bestätigt, dass die Destabilisierung der Felswand auf die vom Bauunternehmer verwendeten Hochleistungssprengladungen zurückzuführen ist, hat zumindest diese Bedeutung. Daher lässt das BGer die Frage nach dem Status dieses Gutachtens offen, obwohl es in einem parallelen Verfahren, d.h. in einem gerichtlichen Kontext, erstellt wurde, ohne jedoch den Wert eines gerichtlichen Gutachtens im Sinne von Art. 183 ZPO oder eines Schiedsgutachtens im Sinne von Art. 189 ZPO zu haben (E. 4.2).

Schaden – Wiederholung der Grundsätze (E. 5.2). Es ist nicht willkürlich, die Leistungen einer spezialisierten Firma, die die Betreuung, Beratung und Überwachung während der Instandsertzungsarbeiten an der Felswand übernommen hat, in den Schaden einzubeziehen. Der Unternehmer behauptet oder beweist nicht, dass die Firma, die die Sicherungsarbeiten tatsächlich durchgeführt hat, dies ohne die Unterstützung der Fachfirma hätte tun können (E. 5.3).

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Werkvertrag Allgemeiner Teil OR Gutachten Schaden Verfahren

BGer 1C_74/2024 vom 10. Dezember 2024

Eigentumsgarantie; Einschränkung der Eigentumsgarantie; Art. 26 BV; LDTR/GE

Einschränkungen der Eigentumsgarantie (Art. 26 BV) - Die Ablehnung der Genehmigung zur Zusammenlegung von zwei Wohnungen zu einer einzigen Wohnung, die auf dem Genfer Gesetz über Abriss, Umbau und Renovierung von Wohnhäusern (LDTR/GE) basiert, verletzt nicht die Eigentumsgarantie. Im vorliegenden Fall gehören die betroffenen Wohnungen mit 3 bzw. 5½ Zimmern zu Kategorien, die von Wohnungsmangel betroffen sind (E. 2.5.2).

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Eigentum/Besitz

BGer 5A_674/2024 vom 6. Dezember 2024

Schuldbetreibung; Gerichtsstand für die Betreibung eines im Ausland ansässigen Schuldners; Art. 50 SchKG

Gerichtsstand für die Betreibung eines im Ausland ansässigen Schuldners (Art. 50 SchKG) – Wiederholung der Grundsätze (E. 3.2.1). Der Begriff der Niederlassung im Sinne von Art. 50 SchKG ist weiter gefasst als der des Gesellschaftsrechts. So hat eine im Ausland ansässige Person, die als Eigentümer, Nutzniesser oder Pächter ihr Grundstück in der Schweiz durch einen Vertreter bewirtschaften lässt, eine Niederlassung. Im vorliegenden Fall wurde das Grundstück, die aus einer Erbschaft stammt, jedoch vor dem Betreibungsbegehren verkauft, so dass sie den Gerichtsstand der Betreibung nicht begründen kann. Die Tatsache, dass die Erbteilung noch nicht abgeschlossen ist, ändert daran nichts (E. 3.2.2).

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SchKG (Schuldbetreibung) Verfahren

BGer 5A_479/2024 vom 7. Januar 2025

Schuldbetreibung und Konkurs; Konkurrenz zwischen Pfändungsgläubigern und Pfandgläubigern; Art. 113 VZG

Konkurrenz zwischen Pfändungs- und Pfandgläubigern – Art. 113 VZG gibt den Pfandgläubigern Vorrang. Nur im Falle eines Überschusses am Ende des Pfandverwertungsverfahrens, nach Zahlung der Verwaltungs-, Verwertungs- und Verteilungskosten, sollte der Restbetrag für die Pfändungsgläubiger einbehalten und in deren Verteilung bei der Liquidation der Pfändungsbetreibung einbezogen werden (E. 3.5).

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SchKG (Schuldbetreibung)

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