Newsletter Mai 2023
Herausgegeben von Bohnet F., Eggler M. und Varin S. mit der Teilnahme von Rüttimann P.
Mit der Unterstützung von Die Kammer der Fachanwälte SAV im Bau- und Immobilienrecht
Herausgegeben von Bohnet F., Eggler M. und Varin S. mit der Teilnahme von Rüttimann P.
Nicht Lehre, sondern Praxis:
Die veröffentlichte und unveröffentliche Rechtsprechung des Bundesgerichts zur ZPO.
Autor
Rechtsprechung
Ein Präjudizienbuch für die ZPO: Das Nachschlagewerk für Praktikerinnen und Praktiker.
Berücksichtigt sind die seit Inkrafttreten der ZPO ergangenen Entscheide und die ältere Rechtsprechung, soweit sie weiterhin von Bedeutung ist. Das Präjudizienbuch ermöglicht Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, Gerichtspersonen sowie Anwaltskandidatinnen und –kandidaten leichten und direkten Zugriff auf das jeweils einschlägige Urteil des Bundesgerichts.
Miteigentum; Aufhebung von Miteigentum; Zwangsversteigerung; Art. 650 ff ZGB; 229 OR; VZG
Aufhebung von Miteigentum (Art. 650 ff. ZGB ; Art. 229 ff. OR) – Jeder Miteigentümer hat das Recht, die Aufhebung des Miteigentums zu verlangen (vorbehaltlich der im Gesetz genannten Ausschlussgründe). Können sich die Miteigentümer nicht über die Art und Weise der Aufhebung einigen, ordnet das Gericht die körperliche Teilung der Sache an oder, wenn dies nicht ohne erhebliche Wertminderung möglich ist, den Verkauf der Sache in einer öffentlichen Versteigerung oder unter den Miteigentümern. Das Gericht muss nach den konkreten Umständen des Einzelfalls entscheiden. Kaufverträge, die im Wege der Versteigerung geschlossen werden, sind in den Art. 229-236 OR geregelt : Gegenstand sind in erster Linie freiwillige öffentliche Versteigerungen (Art. 229 Abs. 2 OR) sowie Zwangsversteigerungen (Art. 229 Abs. 1 OR), die jedoch ausschließlich dem SchKG unterliegen.
Regeln für die öffentliche Versteigerung nach Art. 651 Abs. 2 ZGB – Strittig ist, ob die vom Teilungsgericht festgelegten Regeln für die öffentliche Versteigerung, einschließlich der Schätzung der Immobilie durch einen vom Gericht bestellten Sachverständigen, bindend sind oder ob die öffentliche Versteigerung der Zwangsversteigerung von Immobilien nach dem SchKG unterliegt, das das Recht auf eine neue Schätzung regelt (Art. 9 Abs. 2, Art. 99 Abs. 2 VZG).
Das Bundesgericht stellt fest, dass es diese Frage noch nie zu entscheiden hatte (E. 3.4.1) und dass die kantonale Praxis die vom Teilungsgericht festgelegten Versteigerungsbedingungen sowie Art. 229 ff. OR in Verbindung mit den kantonalrechtlichen Bestimmungen über die öffentliche Versteigerung als massgebend erachtet (E. 3.4.2). In der Lehre wird auch darauf hingewiesen, dass die öffentliche Versteigerung im Sinne von Art. 651 Abs. 2 ZGB nicht als Zwangsversteigerung im Sinne des SchKG oder der RiVASt gilt und es vielmehr Aufgabe des Teilungsgerichts ist, die Bedingungen der Versteigerung, sofern sich die Parteien nicht über die Einzelheiten einigen können, unter Berücksichtigung der kantonalen Versteigerungsverordnungen festzulegen. Als « freiwillige Verkäufe » gelten nicht nur Veräusserungen, die auf freiem Willen beruhen, sondern auch Versteigerungen, die das Gesetz in zahlreichen Bestimmungen vorsieht, wie etwa in Art. 651 Abs. 2 ZGB (E. 3.4.3). Das Bundesgericht ist der Ansicht, dass selbst wenn der « freiwillige » Charakter des Verkaufs verneint werden sollte, dies nicht zur Anwendung der Regeln des SchKG und des ZVG führen würde, sondern nur zur Anwendung der kantonalen Regeln, da die Beteiligung eines Amtes am Prozess nicht entscheidend ist (E. 3.5.2). Folglich sind die vom Teilungsgericht angeordneten Teilungsmodalitäten bindend, insbesondere die Ernennung eines bestimmten Experten für die Schätzung des Vermögens; das Betreibungsamt muss keine Neuschätzung im Sinne von Art. 9 Abs. 2 VZG vornehmen, sofern die Parteien nichts anderes vereinbaren (E. 3.5.5).
Avocat spécialiste FSA droit de la construction et de l’immobilier, M.B.L.-HSG, LL.M., Mangeat Avocats Sàrl
Leihvertrag; Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland; Dispositionsgrundsatz; Aberkennungsklage; ungerechtfertigte Bereicherung; Art. 2 ff BewG; 62 ff OR; 83 SchKG; 58 ZPO
Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (Art. 2 ff. BewG) – Wiederholung der Grundsätze. Rechtsgeschäfte über den Erwerb eines Grundstücks sind nichtig, wenn der Erwerber das Rechtsgeschäft ausführt, ohne eine Genehmigung einzuholen (Art. 26 Abs. 2 Bst. a BewG). Die Nichtigkeit ist von Amtes wegen zu beachten; sie hat zur Folge, dass die Leistungen innerhalb eines Jahres ab dem Zeitpunkt zurückgefordert werden können, in dem der Antragsteller von seinem Rückforderungsanspruch Kenntnis erlangt hat (E. 3.1).
Dispositionsgrundsatz (Art. 58 ZPO) – Wiederholung der Grundsätze (E. 4.2 und 4.3) Aberkennungsklage (Art. 83 Abs. 2 SchKG) – Wiederholung der Grundsätze (E. 4.3.1 und 4.3.2). Der Streitgegenstand im Aberkennungsverfahren ist insofern begrenzt, als zwischen der vom Gläubiger im Betreibungsverfahren geltend gemachten Forderung und der vom Gericht im Aberkennungssverfahren anerkannten Forderung Identität bestehen muss (E. 4.3.2). Im Betreibungsverfahren wird der Streitgegenstand durch den Zahlungsbefehl festgelegt; der Forderungsgrund muss zusammen mit dem übrigen Inhalt des Zahlungsbefehls die betriebene Person über den Grund der Betreibung informieren (E. 4.3.3). Die alleinige Angabe des Rechtsgrundes im Betreibungsbegehren oder Zahlungsbefehl lässt daher jedoch nicht den Schluss zu, dass sich die Betreibung auf diesen Rechtsgrund beschränkt. Diese Angabe dient in der Regel nur dazu, den Sachverhalt, aus dem die Forderung abgeleitet wird, vereinfacht zu beschreiben. Selbst wenn der Zahlungsbefehl einen vertraglichen Anspruch erwähnt, schliesst er folglich nicht Ansprüche aus, die sich auf das Recht der ungerechtfertigten Bereicherung, das vertragsähnliche Recht oder das Deliktsrecht stützen können (E. 4.3.4).
Im vorliegenden Fall forderte der Zahlungsbefehl die Rückzahlung eines Darlehens, das nichtig war, da es auf den Erwerb einer Immobilie in der Schweiz durch eine Gesellschaft abzielte, die einer ausländischen Person gehörte. Das Bundesgericht erkennt an, dass der Rückzahlungsanspruch aus dem Darlehensvertrag und der Rückerstattungsanspruch auf der Grundlage von Art. 26 Abs. 4 Bst. b BewG aus demselben Sachverhalt herrühren, der der Gewährung der Darlehenssumme auf der Grundlage des Darlehensvertrags zugrunde liegt. Ob dies auf der Grundlage eines gültigen Darlehensvertrags oder auf der Grundlage des Rechts der ungerechtfertigten Bereicherung geschieht, spielt für die Identität der Forderung keine Rolle. Folglich konnte das vorherige Gericht, das das Recht von Amts wegen anwendet (Art. 57 ZPO), die Aberkennungsklage abweisen, indem es die Existenz des Rückzahlungsanspruchs auf der Grundlage von Art. 26 Abs. 4 BewG anerkannte (E. 4.3.6).
Ungerechtfertigte Bereicherung (Art. 62 ff. OR) – Die Rückerstattung von Geldleistungen gemäss Art. 26 Abs. 4 lit. b BewG erfolgt nach den Bestimmungen über die ungerechtfertigte Bereicherung gemäss Art. 62 ff. Im vorliegenden Fall war der Darlehensvertrag nichtig und somit von Anfang an unwirksam (ex tunc). Die Feststellung der Nichtigkeit bedurfte keiner gesonderten gerichtlichen Feststellung, sondern erfolgte von Rechts wegen. Folglich bestand, wie die Vorinstanz richtig erkannte, bereits mit der Auszahlung der Darlehenssumme an die Beschwerdeführerin ein fälliger Rückforderungsanspruch im Sinne von Art. 26 Abs. 4 lit. b BewG. Der Verzugszins läuft ab der Zustellung des Zahlungsbefehls (E. 5.1.2). Mangels Naturalrückzahlung und Gutgläubigkeit des Bereicherten, der die Nichtigkeit des Darlehensvertrags kannte, sind die Art. 64 und 65 OR im vorliegenden Fall nicht anwendbar (E. 5.1.3).
Rechtliches Gehör – Eine Partei kann sich nicht auf eine Verletzung des rechtlichen Gehörs und insbesondere nicht auf eine überraschende Anwendung einer Rechtsnorm berufen, wenn das Gericht die Rückzahlungsregel von Art. 26 Abs. 2 lit. b BewG anwandte und die Gegenpartei die Nichtigkeit des Darlehensvertrags auf der Grundlage von Art. 26 Abs. 2 lit. a BewG geltend gemacht hatte, wobei die erste eine Folge der zweiten war (E. 7.3).
Leihvertrag; Vertragsauslegung; Art. 18 OR
Vertragsauslegung (Art. 18 OR) – Wiederholung der Grundsätze (E. 5.1). Im vorliegenden Fall erkennt das Bundesgericht an, dass es nicht willkürlich ist, festzuhalten, dass die tatsächliche Absicht der Parteien darin bestand, einen Vertrag über Beträge zu unterzeichnen, die vor der Unterzeichnung des Vertrags vorgestreckt worden waren. Tatsächlich spiegelte der Darlehensvertrag den tatsächlichen und übereinstimmenden Willen der Parteien wider, da die Darlehensnehmerin darin anerkannte, dem Darlehensgeber den Betrag von CHF 200'000 zu schulden und sich verpflichtete, diesen Betrag spätestens bei der Schlüsselübergabe ihrer Villa an den Darlehensgeber zurückzuzahlen. Darüber hinaus enthielt die Vereinbarung keine Klausel, dass die Darlehenssumme in den Händen des Notars oder auf irgendein Bankkonto zugunsten der Darlehensnehmerin zu zahlen sei, was eher dafür sprach, dass die Summe der Darlehensnehmerin bereits in Form von Vorschüssen zur Verfügung gestellt worden war. Der Kontext führt zum selben Schluss: Der Grund für diese Verpflichtung war, dass der Kreditgeber/Bauträger die Nebenkosten der Immobilienentwicklung (Architektenhonorare, Maklerprovision, Erschließungskosten usw.) decken sollte, die er zunächst im Namen der Kreditnehmerin für den Bau ihrer Villa zu übernehmen bereit war. Auch die Notarin hatte diese Auslegung bestätigt (siehe E. 5.2 und 5.3).
Werkvertrag; Abzüge und Pauschalpreis; Mängelrüge; Verrechnung; Art. 367 ff OR; 163 SIA NOrm
Vertragsauslegung – Wiederholung der Grundsätze (E. 4.4.1).
Abzüge und Pauschalpreis – Es ist nicht willkürlich, den in einem Werkvertrag enthaltenen Pauschalpreis als die tatsächlich geschuldete Pauschalsumme unter Berücksichtigung allfälliger bereits erfolgter Abzüge zu betrachten, wenn diese Abzüge in der Rubrik « Abrechnung » der Allgemeinen Baubedingungen vorgesehen waren, deren Präambel zudem den folgenden Satz enthält : «[s]ofern und soweit nicht Pauschalen vereinbart » (E. 4.4.2).
Mängelrüge – Festgestellte, aber nicht gerügte Mängel gelten gemäß Art. 163 der SIA-Norm 118 als genehmigt. Die SIA-Norm 118 enthält keine Bestimmungen über den Inhalt der Mängelrüge, weshalb diesbezüglich Art. 367 OR anwendbar ist (E. 6.2). Die Mängelrüge muss angemessen begründet sein, mindestens die Mängel, gegebenenfalls deren Ort sowie deren Ausmass angeben und zum Ausdruck bringen, dass der Auftraggeber das Werk nicht als vertragsgemäss akzeptiert und den Unternehmer haftbar machen will. Umgekehrt ist es nicht erforderlich, dass der Besteller die Ursachen des Mangels angibt (E. 6.3).
Im vorliegenden Fall ist eine Mängelrüge, aus der nicht klar hervorgeht, ob der Unternehmer oder ein anderer Handwerker haftbar gemacht wird, nicht ausreichend (E. 6.4.1 und 6.4.2). Ebenso ist es nicht ausreichend, einen Teil des Bauwerks einfach als mangelhaft oder reparaturbedürftig zu bezeichnen (E. 6.4.3).
Verrechnung – Im vorliegenden Fall wurden die Gegenforderungen nicht ausreichend behauptet und bewiesen (E. 7).
Werkvertrag; Bevorschussung der Kosten für die Ersatzvornahme; Art. 367 ff OR
Kostenvorschuss für Ersatzvornahme – Der Besteller, der berechtigt ist, einen Werkmangel auf Kosten des Unternehmers durch einen Dritten beheben zu lassen, hat Anspruch auf Bevorschussung der Kosten für die Ersatzvornahme. Die Grössenordnung des Vorschusses muss plausibel sein, was im vorliegenden Fall nicht bestritten wird (E. 3.3.2). Der Auftraggeber ist verpflichtet, nach Abschluss der Reparatur durch den Dritten über die Kosten abzurechnen und dem Unternehmer einen allfälligen Überschuss zu erstatten. Eine allfällige Nachforderung ist ausgeschlossen, wenn über den Umfang der Nachbesserungsarbeiten im Detail bereits entschieden wurde und insofern eine « res iudicata » vorliegt. Eine Schätzung des Kostenvorschusses, die auf detaillierten Abklärungen wie einem Gutachten beruht, führt an sich zu keiner Bindungswirkung, sondern allenfalls zu erhöhten Begründungsanforderungen hinsichtlich der Rechtfertigung einer Abweichung vom vorgestreckten Betrag. In jedem Fall muss der Bauherr den gesamten Betrag zurückerstatten, wenn er die Reparatur nicht innerhalb einer angemessenen Frist veranlasst (E. 3.3.3). Im vorliegenden Fall hielt sich die Vorinstanz an das Recht, indem sie den Vorschuss mit dem Hinweis bewilligte, dass nach der Ersatzvornahme eine Abrechnung erfolgen müsse.
Eigentumsgarantie; Zugang zu privaten Parzellen durch kommunale Behörden; Art. 26 und 36 BV
Einschränkung der Grundrechte (Art. 36 BV) – Wiederholung der Grundsätze (E. 3.2).
Die Entscheidung, dass Gemeindebeamte private Grundstücke besuchen dürfen, um private Anschlüsse an den kommunalen Abwasserkanal (Abwasserkanal/Brunnen) zu kontrollieren, stellt eine zulässige Einschränkung der Eigentumsgarantie dar. Dies geschah, nachdem ein Beamter der Gemeindepolizei auf das Vorhandensein unangenehmer Gerüche hingewiesen hatte, die vermutlich aus dem Kanalisationsnetz stammten. Der Besuch beruhte auf einer Bestimmung der Gemeindeordnung, war durch ein öffentliches Interesse an der Überprüfung der Funktionalität eines Bauwerks, von dem auch andere Bürger betroffen sind, gerechtfertigt und verhältnismäßig, da er keine nachteiligen Auswirkungen auf die betroffenen Parzellen oder deren Eigentümer hatte (E. 3.3‑3.6).
Enteignung; Enteignungsentschädigung; Art. 26 Abs. 2 BV
Enteignungsentschädigung – Erinnerung an den Grundsatz. Gemäss Art. 26 Abs. 2 BV kann eine Enteignung nur gegen volle Entschädigung erfolgen (E. 3.1).
Von Naturgefahren bedrohte Grundstücke – Eine langjährige Rechtsprechung geht davon aus, dass Grundstücke, die von Naturgefahren bedroht sind, aus enteignungsrechtlicher Sicht a priori nicht den Charakter von Bauland haben können. Dies gilt selbst dann, wenn das Grundstück bereits bebaut ist und die bestehende Nutzung aufgrund des Eintritts von Gefahren untersagt werden muss. Ebenso verneint die frühere Rechtsprechung jegliches Recht aus einer materiellen Enteignung, wenn das von Naturgefahren bedrohte Grundstück nicht formell enteignet wird, sondern einem Nutzungsverbot unterliegt. Diese Rechtsprechung wurde jedoch in einem kürzlich ergangenen Urteil nuanciert, in dem anerkannt wurde, dass gegebenenfalls der Umstand zu berücksichtigen ist, dass die Enteignung der Errichtung eines Bauwerks dient, mit dem andere Grundstücke und öffentliche Infrastrukturen geschützt werden sollen. Wenn dies der Fall ist und anstelle des betroffenen Grundstücks ein anderes Grundstück hätte enteignet werden können, ist der Verlust der Nutzbarkeit des Gebäudes letztlich nicht nur auf die Naturgefahr, sondern auch auf das Bauwerk zurückzuführen. Es wäre daher gerechtfertigt, die Enteignung eines solchen Grundstücks zum Baulandpreis zu entschädigen (E. 3.2).
Im vorliegenden Fall waren die enteigneten Parzellen, die sich in der Bauzone befanden, aber nicht erschlossen waren, aufgrund des anhaltenden Risikos von Stein- und Blockschlag, das durch die Permafrostproblematik noch verschärft wurde, nicht bebaubar. Die Enteignungsmaßnahme betraf alle Eigentümer von Immobilien, die sich in dem von Erdrutschen bedrohten Gebiet befanden, gleichermaßen. Die Enteignungsentschädigung wurde daher zu Recht nicht nach dem Verkehrswert in der Bauzone, sondern nach dessen Wert nach der Gefahreneinschätzung berechnet und auf 10 Franken/m2 festgelegt (E. 3.4).
Bauhandwerkerpfandrecht; Berichtigung von Formfehlern; Klagerückzug; unbedingtes Replikrecht; Verhandlungsmaxime; Behauptungslast und Verweis auf ein Schriftstück; Art. 837 und 961 ZGB; 55, 65, 132, 221 ff ZPO
Berichtigung von Formfehlern (Art. 132 ZPO) – Wiederholung der Grundsätze (E. 3.3.1).
Klagerückzug (Art. 65 ZPO) – Wiederholung der Grundsätze (E. 3.3.2). Wer eine Klage vor dem zuständigen Gericht zurückzieht, kann keine zweite Klage gegen dieselbe Partei über denselben Streitgegenstand einreichen, wenn das Gericht die Klage dem Beklagten bereits zugestellt hat und dieser der Rücknahme nicht zustimmt.
Unbedingtes Replikrecht – Bei der Ausübung des Replikrechts geht es im Prinzip nur darum, zu den in die Verfahrensakte aufgenommenen Schriftstücken Stellung nehmen zu können. Inhaltliche Ergänzungen des Sachverhalts sind, wenn überhaupt, nur unter den Voraussetzungen des Novenrechts zulässig (Art. 229 und 317 ZPO).
Anträge auf Anmerkung der provisorischen Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts nach Art. 961 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB sind im summarischen Verfahren zu stellen, in dem nur ein Schriftenwechsel stattfindet, vorbehaltlich eines abweichenden Richterentscheids und des unbedingten Replikrechts. Es besteht also kein Recht der Parteien, sich zweimal zum Fall zu äussern. In der Regel wird die Akte nach einer einzigen Stellungnahme geschlossen. Ordnet das Gericht ausnahmsweise einen zweiten Schriftenwechsel an, sind Noven uneingeschränkt zulässig; in diesem Fall erfolgt der Aktenschluss erst mit dem zweiten Schriftenwechsel (E. 3.3.6.1). Für die Partei, die die vorsorgliche Vormerkung eines gesetzlichen Bauhandwerkerpfandrechts beantragt, erfolgt der Aktenschluss somit grundsätzlich mit der Einreichung ihres Gesuchs (E. 3.3.6.2).
Bauhandwerkerpfandrecht (Art. 837 ZGB) – Erinnerung an die Grundsätze und Fristen (E. 4.1). Verhandlungsmaxime (Art. 55 ZPO) – Hinweis auf die Grundsätze (E. 4.3 und 4.4). Behauptungslast und Verweis auf ein Schriftstück (Art. 221 ff. ZPO) – Erinnerung an die Grundsätze (E. 6.3.2.2). Verlangt ein Unternehmer nach Abschluss der Arbeiten die Vormerkung einer provisorischen Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts, so obliegt es ihm, die Tatsachen zu beweisen, welche die Rechtsgrundlage der pfandberechtigten Forderung bilden, d.h. insbesondere den Vertragsabschluss und die ausgeführten Arbeiten. Diese Tatsachen sind diejenigen, die den Umfang der Forderung bestimmen und aus denen sich das Eigentum an der verpfändeten Forderung ergibt. Er muss nachweisen, dass die Bauarbeiten ihrer Natur nach einen Anspruch auf das Pfandrecht begründen und das Datum der Fertigstellung der Arbeiten beweisen. Darüber hinaus muss er das Grundstück, zu dessen Gunsten die Bauarbeiten durchgeführt wurden, sowie das Eigentum des Beklagten an dem Grundstück nachweisen. Im summarischen Verfahren reicht es nicht aus, in der Klageschrift die relevanten Fakten in groben Zügen zu erwähnen und dann abzuwarten, welche der behaupteten Fakten von der Gegenpartei bestritten werden. Vielmehr muss die Gesuchstellerin in Erwartung der Bestreitungen durch die Gegenpartei ihre Sachverhaltsdarstellung bereits im ersten Gesuch hinreichend substantiieren (E. 4.4).
Im vorliegenden Fall erfüllt der Unternehmer, der nicht angibt, bis wann die von den Werkverträgen erfassten Arbeiten ausgeführt wurden, die Anforderungen an die Behauptung nicht. Wenn er sich auf einen Regiebericht über zusätzliche Arbeiten stützt, muss er behaupten, dass die Arbeiten so miteinander verbunden sind, dass sie ein Ganzes bilden, weshalb die « zusätzlichen Arbeiten » die Frist auslösen (E. 5.3). Die Regieberichte wurden nicht in den Rang einer Tatsachenbehauptung erhoben, da die darin enthaltenen relevanten Informationen nicht erläutert wurden (E. 6.3).
öffentliche Beschaffungswesen; Frage von grundsätzlicher Bedeutung; Unveränderbarkeit der Offerten; Art. 83 BGG; BPUK
Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (Art. 83 lit. f BGG) – Wiederholung der Grundsätze (E. 1.3). Das Bundesgericht erklärt die Beschwerden für unzulässig, indem es das Vorliegen einer rechtlichen Grundsatzfrage im Sinne von Art. 83 Bst. f BGG verneint. Es erinnert an gewisse Grundsätze des öffentlichen Beschaffungsrechts, die im vorliegenden Fall angewendet wurden.
Unveränderbarkeit der Offerten – Es gilt der Grundsatz, dass die Offerten nach ihrer Einreichung bei der Vergabebehörde unveränderbar sind und Berichtigungen nur bei offensichtlichen Fehlern vorgenommen werden dürfen. Das Vorliegen eines solchen offensichtlichen Fehlers darf jedoch wegen der Gefahr des Missbrauchs nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Rechen- und Schreibfehler sind nur dann offenkundig, wenn aus einer bestimmten mathematischen oder sprachlichen Textpassage objektiv und zweifelsfrei hervorgeht, dass der Bieter nicht das ausdrücken wollte, was er geschrieben hat, sondern etwas anderes ausdrücken wollte. Offensichtlich sind Rechnungs- und Schreibfehler nur dann, wenn von einer bestimmten mathematischen oder sprachlichen Textpassage objektiv und zweifelsfrei feststeht, dass der Bieter nicht das erklären wollte, was er geschrieben hat, sondern mit Gewissheit, dass er irgendetwas anderes erklären wollte. Der Fehler ist nur dann offensichtlich, wenn er sich als solcher aus dem Angebot selber schon ergibt, ohne dass es eines Hinweises oder sonstiger Erläuterungen des Bieters bedürfte, wenn also der Fehler bei Lektüre der Offerte ins Auge springt (E. 1.4.1).
Der wirkliche Wille eines Anbieters kann sowohl aus dem Angebot und den Umständen als auch aus der Einholung von Erläuterungen beim Anbieter resultieren. Ist der Irrtum nicht offenkundig oder kann der wirkliche Wille nicht objektiv ermittelt werden, muss das Angebot nach Treu und Glauben ausgelegt werden. Grundsätzlich verbleibt es im Verfahren; das Ergebnis der Auslegung kann jedoch ergeben, dass das Angebot ausgeschlossen werden muss, weil es bestimmte vergaberechtliche Anforderungen nicht erfüllt oder weil der Irrtum zu einer erheblichen Lücke oder Unklarheit geführt hat (E. 1.4.3).
Strafrecht; Fahrlässige Körperverletzung; Verletzung der Regeln der Baukunde; Art. 11, 12, 125 Abs. 1 und 229 StGB ; 328 OR; 82-83 UVG; VUV; BauAV
Fahrlässige Körperverletzung (Art. 11, 12 Abs. 3 und 125 Abs. 2 StGB) – Wiederholung der Grundsätze (E. 2.1.1).
Verletzung der Regeln der Baukunde (Art. 229 StGB) – Wiederholung der Grundsätze (E. 2.1.2). Die mit der Leitung und Ausführung eines Bauwerks betrauten Personen sind dafür verantwortlich, dass in ihrem Bereich die Regeln der Baukunde eingehalten werden. Sie können aber nicht für sämtliche Missachtungen von Vorschriften auf einer Baustelle strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden, sondern es ist in jedem Einzelfall abzuklären, wie weit der Aufgabenkreis und somit der Verantwortungsbereich der Beteiligten reichen. Dies bestimmt sich aufgrund gesetzlicher Vorschriften, vertraglicher Abmachungen oder der ausgeübten Funktionen sowie nach den jeweiligen konkreten Umständen. Die Pflichten zum Schutz der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz bzw. zur Unfallverhütung ergeben sich unter anderem aus Art. 328 Abs. 2 OR, Art. 82 UVG sowie der VUV. Darüber hinaus sind die gestützt auf Art. 83 UVG erlassenen Ausführungsvorschriften des Bundesrates und die übrigen Richtlinien zu beachten, welche die Pflicht des Arbeitgebers konkretisieren und für einzelne Arbeitsbereiche mit erhöhtem Gefahrenpotenzial zum Teil besonders umschreiben. Wird gegen eine solche Vorschrift verstossen, liegt darin zugleich ein Indiz für die Missachtung der Sorgfaltspflicht im Sinne von Art. 12 Abs. 3 StGB (BGE 114 IV 173, E. 2a).
Im vorliegenden Fall trat ein Arbeiter bei Hilfsarbeiten für den Bau eines Gerüsts in ein Loch in der Deckenschalung ; er stürzte eine Etage tiefer. Der Sicherheitsbeauftragte instruierte zwar die zuständigen Vorgesetzten, insbesondere den Chef-Gerüstbauer, darüber, welche Teile des Gebäudes betreten werden durften. Nach der Rechtsprechung ist jedoch ein Fehlverhalten von Arbeitnehmern und insbesondere von Hilfsarbeitern zu erwarten, bei denen keine besondere Ausbildung oder Fachkenntnisse vorausgesetzt werden können. Folglich hätte der Sicherheitschef der Baustelle die Unfallstelle gegen Absturz sichern lassen müssen, zumal nicht ersichtlich ist, dass dies nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand möglich gewesen wäre. Öffnungen im Boden, auch wenn sie nur provisorisch sind, müssen gesichert bzw. zumindest mit einem rot-weißen Band gekennzeichnet werden. Die Tatsache, dass der Bereich visuell durch Armierungseisen abgegrenzt war, erweist sich als unzureichend (E. 2.3.1). Die Tatbestandsmerkmale der einfachen fahrlässigen Körperverletzung sowie der Verletzung der Regeln der Baukunde sind erfüllt (E. 2.3.2).
Strafrecht; Fahrlässige Tötung; Art. 12 und 117 StGB; 328 OR; 82 UVG
Fahrlässige Körperverletzung (Art. 11, 12 Abs. 3 und 125 Abs. 2 StGB) – Wiederholung der Grundsätze (E. 2.1.1).
Verletzung der Regeln der Baukunde (Art. 229 StGB) – Wiederholung der Grundsätze (E. 2.1.2). Die mit der Leitung und Ausführung eines Bauwerks betrauten Personen sind dafür verantwortlich, dass in ihrem Bereich die Regeln der Baukunde eingehalten werden. Sie können aber nicht für sämtliche Missachtungen von Vorschriften auf einer Baustelle strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden, sondern es ist in jedem Einzelfall abzuklären, wie weit der Aufgabenkreis und somit der Verantwortungsbereich der Beteiligten reichen. Dies bestimmt sich aufgrund gesetzlicher Vorschriften, vertraglicher Abmachungen oder der ausgeübten Funktionen sowie nach den jeweiligen konkreten Umständen. Die Pflichten zum Schutz der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz bzw. zur Unfallverhütung ergeben sich unter anderem aus Art. 328 Abs. 2 OR, Art. 82 UVG sowie der VUV. Darüber hinaus sind die gestützt auf Art. 83 UVG erlassenen Ausführungsvorschriften des Bundesrates und die übrigen Richtlinien zu beachten, welche die Pflicht des Arbeitgebers konkretisieren und für einzelne Arbeitsbereiche mit erhöhtem Gefahrenpotenzial zum Teil besonders umschreiben. Wird gegen eine solche Vorschrift verstossen, liegt darin zugleich ein Indiz für die Missachtung der Sorgfaltspflicht im Sinne von Art. 12 Abs. 3 StGB (BGE 114 IV 173, E. 2a).
Im vorliegenden Fall trat ein Arbeiter bei Hilfsarbeiten für den Bau eines Gerüsts in ein Loch in der Deckenschalung ; er stürzte eine Etage tiefer. Der Sicherheitsbeauftragte instruierte zwar die zuständigen Vorgesetzten, insbesondere den Chef-Gerüstbauer, darüber, welche Teile des Gebäudes betreten werden durften. Nach der Rechtsprechung ist jedoch ein Fehlverhalten von Arbeitnehmern und insbesondere von Hilfsarbeitern zu erwarten, bei denen keine besondere Ausbildung oder Fachkenntnisse vorausgesetzt werden können. Folglich hätte der Sicherheitschef der Baustelle die Unfallstelle gegen Absturz sichern lassen müssen, zumal nicht ersichtlich ist, dass dies nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand möglich gewesen wäre. Öffnungen im Boden, auch wenn sie nur provisorisch sind, müssen gesichert bzw. zumindest mit einem rot-weißen Band gekennzeichnet werden. Die Tatsache, dass der Bereich visuell durch Armierungseisen abgegrenzt war, erweist sich als unzureichend (E. 2.3.1). Die Tatbestandsmerkmale der einfachen fahrlässigen Körperverletzung sowie der Verletzung der Regeln der Baukunde sind erfüllt (E. 2.3.2).
Schuldbetreibung und Konkurs; Rückforderungsklage; Grundpfandrecht; Begründung der Beschwerde; Art. 86 SchKG; 818 ZGB; 42 BGG
Rückforderungsklage (Art. 86 SchKG) – Wiederholung der Grundsätze (E. 1.1).
Begründung der Beschwerde (Art. 42 BGG) – Wiederholung der Grundsätze. Die Anträge müssen nicht nur beziffert, sondern in der Beschwerdebegründung auch begründet werden. Es ist unerlässlich, dass das Bundesgericht bei der Lektüre der Eingabe des Beschwerdeführers klar versteht, was dieser will, und dass es bei Gutheissung der Beschwerde in der Lage ist, zu entscheiden und dem Beschwerdeführer die von ihm gestellten Anträge oder sogar einen geringeren Betrag zuzusprechen (E. 1.2).
Im vorliegenden Fall haben die Beschwerdeführer bezifferte Anträge gestellt und die Verzugszinsen im Bereich des Grundpfandrechts im Sinne von Art. 818 Abs. 1 Ziff. 2 ZGB angefochten, da das Betreibungsamt den vertraglichen Zinssatz von 12% anstelle des gesetzlichen Zinssatzes von 5% angesetzt hatte. Sie haben jedoch in keiner Weise erklärt, wie sie auf den geforderten Betrag gekommen sind, wobei darauf hingewiesen wird, dass der Betrag, der bei einem Zinssatz von 5% geschuldet gewesen wäre, nicht ihren Anträgen entspricht. Die Klage wird daher mangels ausreichender Begründung als unzulässig abgewiesen (E. 1.3).
Stockwerkeigentum; Anspruch auf rechtliches Gehör; Art. 5 und 29 BV; 52, 53 ZPO und 2 ZGB
Recht auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 53 ZPO) – Erinnerung an die Grundsätze (E. 3.3.1). Grundsatz des guten Glaubens (Art. 5 Abs. 3 BV ; Art. 2 ZGB und Art. 52 ZPO) – Erinnerung an die Grundsätze (E. 3.3.2). Das Recht der Parteien, sich zu den relevanten Elementen zu äussern, bezieht sich in erster Linie auf Tatsachenfragen, während es bei Rechtsfragen nur eingeschränkt anerkannt wird, vorbehaltlich der Fälle, in denen die betreffende Behörde beabsichtigt, ihre Entscheidung auf eine Norm oder einen Rechtsgrund zu stützen, der im vorherigen Verfahren nicht erwähnt wurde und dessen Relevanz keine der beteiligten Parteien geltend gemacht hat und vernünftigerweise annehmen konnte (E. 3.3.1).
Im vorliegenden Fall beschränkte die erstinstanzliche Richterin das Verfahren auf die beiläufige Frage der Vertretungsbefugnis des Verwalters der Eigentumswohnung, indem sie die Parteien zu einer Verhandlung über diese Frage vorlud; anschließend entschied sie in einem schriftlichen Beschluss, dass die Klage mangels Klagebefugnis des Verwalters unzulässig sei. Nach Ansicht des Bundesgerichts wurde der Anspruch des Verwalters auf rechtliches Gehör nicht verletzt, da die Gegenpartei mehrfach beantragt hatte, das Verfahren auf die Zulässigkeit und insbesondere auf die Frage der Klagebefugnis des Verwalters zu beschränken. In der Tat hätte er nach dem Grundsatz von Treu und Glauben reagieren müssen, indem er auf die Argumente der Gegenpartei antwortete und die Erhebung von Beweismitteln beantragte, die er für nützlich hielt; zumindest hätte er die Richterin auf die Beschränkung des Verfahrens und die Möglichkeit ansprechen müssen, seine Verfahrensrechte in Bezug auf die Frage der Klagebefugnis später auszuüben, was er nicht getan haben will (E. 3.4.1).