Newsletter Februar 2024
Herausgegeben von Bohnet F., Eggler M. und Varin S.
Mit der Unterstützung von Die Kammer der Fachanwälte SAV im Bau- und Immobilienrecht
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Baurecht; Vorzeitiges Heimfallrecht; Verletzung der Unterhalts- und Betriebspflicht; formelle Voraussetzungen für das Heimfallrecht; Art. 779f ff. ZGB; 107-108 OR
Vorzeitiges Heimfallrecht (Art. 779f bis 779h ZGB) – Das vorzeitige Heimfallrecht eines Baurechts erlaubt es, dem Eigentümer des Grundstücks, unter strengen, gesetzlich festgelegten Bedingungen dem Bauberechtigten die Dienstbarkeit zu entziehen. Dieser Heimfall ist an zwei Bedingungen geknüpft: zum einen an eine schwere Pflichtverletzung des Bauberechtigten und zum anderen an die Zahlung einer angemessenen Entschädigung durch den Eigentümer (E. 3).
Verletzung der Unterhalts- und Betriebspflicht – Im vorliegenden Fall wurde ein Baurecht von einer Gemeinde, die Eigentümerin ist, an ein Unternehmen vergeben, das einen Hotelkomplex betreibt. Trotz mehrerer aufeinanderfolgender Änderungen des Erbbaurechtsvertrags und eines Wechsels des Bauberechtigten wurde die Klausel, die die Instandhaltung der bestehenden Gebäude verlangte, nie geändert oder zurückgezogen. Zudem bestand ungeachtet des Vorhabens, anstelle des Hotel-Restaurants einen neuen Gebäudekomplex zu errichten, ein Interesse der Gemeinde, den Zustand des Gebäudes nicht irreversibel zu machen. Somit bestätigte das Bundesgericht, dass die Verpflichtungen der Bauberechtigten fortbestanden (E. 5). Dem Bauberechtigten gelingt es nicht, die Willkür der Feststellungen der Vorinstanz aufzuzeigen, wonach das verfallende Hotel-Restaurant zum Zeitpunkt der Vertragsauflösung zweifellos seit mehreren Jahren an mangelndem Unterhalt litt (E. 6). Er konnte auch nicht nachweisen, dass es willkürlich war, dass er eine Verpflichtung zum Betrieb eines Hotel-Restaurants hatte (E. 7.1). Im Übrigen kann die Suche nach einem anderen Betreiber nicht mit einem Betrieb gleichgesetzt werden (E. 7.4).
Formelle Voraussetzungen für die Ausübung des vorzeitigen Heimfallrechts – Der Mehrheitslehre folgend, entscheidet das Bundesgericht über die analoge Anwendung von Art. 107 OR auf die Ausübung des Heimfallrechts. Bei einer Pflichtverletzung des Bauberechtigten muss ihn der Eigentümer unter Ansetzung einer Nachfrist auffordern, den rechtmässigen Zustand herzustellen oder seinen vertraglichen Verpflichtungen nachzukommen. Diese Formalität kann jedoch nicht auferlegt werden, wenn es angesichts des Verhaltens des Bauberechtigten von vornherein klar ist, dass sie wirkungslos bleiben wird (Art. 108 Ziff. 1 OR), was eine klare und endgültige Weigerung des Bauberechtigten voraussetzt, den vertragsgemässen Zustand herzustellen (E. 8.3.2.1). Im vorliegenden Fall hat die Gemeinde die Bauberechtigte nicht rechtsgültig aufgefordert, ihren Unterhalts- und Betriebsverpflichtungen innert einer angemessenen Frist nachzukommen. Ein Schreiben des Eigentümers, in dem er behauptet, dass die Bauberechtigte ihren Unterhalts- und Betriebsverpflichtungen nicht nachkommt, und in dem er darauf hinweist, dass diese Verletzungen vorzeitig zurückgegeben werden können, ist nicht ausreichend, da es nicht verlangt, dass innerhalb einer bestimmten Frist Arbeiten durchgeführt oder der Betrieb wieder aufgenommen werden muss. Folglich wird der Fall zurückgewiesen, damit das Kantonsgericht über die Frage entscheiden kann, ob die Umstände es der Gemeinde erlaubten, auf eine Interpellation in Anwendung von Art. 108 Ziff. 1 OR zu verzichten (E. 8.4).
Werkvertrag; Festsetzung und Verteilung der Kosten und Parteientschädigungen; CPC/VD
Festsetzung und Verteilung der Kosten und Parteientschädigungen – Die kantonale Beschwerdeinstanz verfügt bei der Festsetzung und Verteilung der Kosten und Partei-Entschädigungen für das kantonale Verfahren über einen weiten Ermessensspielraum. Das Bundesgericht greift nur ein, wenn die Behörde das betreffende kantonale Recht willkürlich ausgelegt oder angewendet hat oder wenn sie ihr Ermessen missbraucht hat, insbesondere wenn sich der Entscheid nicht durch objektive Gründe rechtfertigen lässt (E. 3.2). Wenn der Bauherr bei der Behebung von geltend gemachten Mängeln grundsätzlich obsiegt, aber nur etwa die Hälfte des geforderten Betrags erhält, ist es nicht willkürlich, ihm ein Drittel der Kosten und Entschädigungen anzulasten, insbesondere wenn die Existenz der Mängel am Bauwerk umstritten war und die Einholung mehrerer Gutachten erforderlich machte (E. 3.4). Ebenso ist es nicht willkürlich, dem Unternehmer die Kosten für die Erstellung der Revisionspläne vollumfänglich aufzuerlegen, weil er keine für das Gutachten verwertbaren Revisionspläne übermittelt hat (E. 4).
Werkvertrag; Interne Schiedsgerichtsbarkeit; Beendigung des Schiedsrichtervertrags; Bestellungsänderung; Teillieferung des Werks und Mängelrüge; Kosten und Honorare der Schiedsrichter; Art. 366 und 393 ZPO
Beendigung des Schiedsrichtervertrags – Ausnahmsweise kann der Schiedsrichtervertrag vor der Verkündung des Schiedsspruchs beendet werden, wenn die Parteien in der Schiedsvereinbarung oder in einer späteren Vereinbarung die Dauer des Einsatzes des Schiedsgerichts begrenzt haben (Art. 366 Abs. 1 ZPO) (E. 4.1.1). Im vorliegenden Fall haben die Parteien in ihrer Schiedsvereinbarung zwar einen Verfahrenskalender aufgestellt. Sie haben jedoch nie vorgesehen, dass die Nichteinhaltung der verschiedenen im Verfahrenskalender festgelegten Verfahrensfristen automatisch zum Erlöschen der den Schiedsrichtern übertragenen Befugnisse führen würde. Die Nichteinhaltung eines Verfahrenskalenders kann eine Verletzung des Mandats der Schiedsrichter darstellen und sie gegebenenfalls haftbar machen, aber sie führt nicht automatisch zum Erlöschen ihrer Befugnisse (E 4.3).
Bestellungsänderungen – Es ist nicht willkürlich, die als Mehrforderungen geforderten Beträge zurückzuweisen, die vom Auftraggeber bestritten oder « unter Vorbehalt der Rechnung » akzeptiert wurden, da der Unternehmer nicht nachgewiesen hat, dass die geforderten Beträge den tatsächlichen Preisen entsprachen oder dass sie tatsächlich bezahlt wurden (E. 7.2).
Teillieferung des Werkes – Die Feststellung der Schiedsrichter, dass die Parteien eine Teillieferung des Werkes vereinbaren können und dass bei Schweigen des Vertrages zu diesem Punkt der Wille der Parteien durch Auslegung zu ermitteln ist, ist nicht willkürlich. Im vorliegenden Fall wird auf der Grundlage der verfügbaren Beweise festgestellt, dass eine solche Vereinbarung nicht existiert (E. 7.3). Die Mängelrüge kann ihrerseits erst nach der (möglicherweise teilweisen) Lieferung des Werks erfolgen, so dass sie nicht verspätet sein kann, wenn die Lieferung nicht stattgefunden hat (E. 7.3.3).
Kosten und Honorare der Schiedsrichter – Erinnerung an die Grundsätze (E. 8.1). Angesichts des Streitwerts von CHF 2 Millionen, der Komplexität des Falls und der zahlreichen Zwischenfälle während des Verfahrens erscheint das Honorar der Schiedsrichter in Höhe von CHF 350'000.- nicht offensichtlich überhöht (E. 8.3).
NB : Das Urteil des BGer 4A_343/2023 vom 13. Dezember 2023 bezieht sich auf denselben Fall und betrifft einen Vorwurf der Willkür bei der Zinsberechnung. Dieser wurde abgewiesen, weil der Bauherr das Datum bestimmter Zahlungen nicht nachweisen konnte.
Bäuerliches Bodenrecht; Genehmigung zum Erwerb eines landwirtschaftlichen Unternehmens oder Grundstücks; Art. 61 BGBB
Genehmigung zum Erwerb eines landwirtschaftlichen Unternehmens oder Grundstücks (Art. 61 BGBB) – Wer ein landwirtschaftliches Unternehmen oder Grundstück erwerben will, benötigt eine Genehmigung, die erteilt wird, wenn keine Verweigerungsgründe vorliegen. Als Erwerb im Sinne des BGBB gelten die Übertragung des Eigentums sowie jede andere Rechtsgeschäft, die einer solchen Übertragung wirtschaftlich gleichkommt. Die Einräumung einer Dienstbarkeit kann einen solchen Rechtsgeschäft darstellen. Dies ist beispielsweise bei einem zeitlich begrenzten Baurecht der Fall, das nicht als selbständiges und dauerndes Recht ausgestaltet ist, sondern dem Berechtigten eine eigentümerähnliche Stellung verleiht (E. 3.1).
Im vorliegenden Fall wurde die Frage, ob die Dienstbarkeit genehmigungspflichtig war, von den Vorinstanzen nicht geprüft. Das angefochtene Urteil wird somit aufgehoben und die Sache zurückgewiesen. Das BGer führt weiter aus, dass neben der Berechtigung des Dienstbarkeitsberechtigten auch die Erwerbsberechtigung des Grundstückseigentümers zu prüfen sein wird, insbesondere die Frage, ob die Pflicht, sich selbst um das erworbene Grundstück zu kümmern, mit der Errichtung einer Dienstbarkeit vereinbar ist, die sich über rund ein Fünftel des Grundstücks erstreckt (E. 3.2).
Schuldbetreibung und Konkurs; Klage auf Pfandverwertung; Schätzung des Grundstücks; Art. 9 VZG
Schätzung des Grundstücks (Art. 9 VZG) – Im Rahmen der Schätzung eines Hafens ist es im vorliegenden Fall korrekt, die Wertsteigerung aufgrund zukünftiger Ausbauten des Hafens, die erst nach einem Verfahren zur Erneuerung des Pachtvertrages durchgeführt werden, nicht zu berücksichtigen. Zudem spielt bei der Betreibung auf Pfandverwertung die Schätzung der Liegenschaft nur eine untergeordnete Rolle, da sie nur eine Vorstellung von einem für die Betroffenen akzeptablen Angebot vermittelt (E. 5).
Offentliche Beschaffungswesen; Zulässigkeit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten; rechtliche Grundsatzfrage; Art. 83 BGG; 27 BöB
Zulässigkeit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 83 Bst. f BGG) – Im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nur unter der doppelten Voraussetzung zulässig, dass der angefochtene Entscheid eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft (Ziff. 1) und dass der geschätzte Wert des zu vergebenden Auftrags nicht unter dem massgebenden Schwellenwert nach Art. 52 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 21. Juni 2019 über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB) liegt (E. 1.1). Im vorliegenden Fall wurde der Schwellenwert, der für Bauarbeiten, die von öffentlichen oder privaten Unternehmen, die wie die SBB einen öffentlichen Dienst erbringen, in Auftrag gegeben werden, auf CHF 2 Millionen festgelegt ist, erreicht (E. 1.2).
Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung – Wiederholung der Grundsätze (E. 1.3). Im vorliegenden Fall handelt es sich nicht um Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung :
Strafrecht; Sachbeschädigung; Art. 144 StGB
Sachbeschädigung (Art. 144 StGB) – Im vorliegenden Fall bestätigte das Bundesgericht die Verurteilung des Urhebers eines Graffiti, das eine jurassische Flagge auf einem Gebäude darstellte, da die Zeichnung wichtige Merkmale aufwies, die anderen Graffiti ähnelten, die er zuvor zugegeben hatte (Besonderheiten der drei Striche des Bischofsstabs ; der roten Faszien und ihrer Füllung ; Merkmale der Farbe). Die Aussage des Bruders des Täters war insofern konstant, als er den Täter identifiziert hatte. Ein anderer Zeuge hatte das Alibi des Täters ebenfalls widerlegt, indem er bestritt, den Tag mit dem Täter verbracht zu haben (E. 1.1 und 1.2).