Newsletter Januar 2025
Herausgegeben von Bohnet F., Carron B., Eggler M. und Varin S., mit der Teilnahme von Sevhonkian N.
Mit der Unterstützung von Die Kammer der Fachanwälte SAV im Bau- und Immobilienrecht
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3e édition
1200 pages, reliées
ISBN 978-2-9701616-2-2
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Dienstbarkeit; Auslegung einer Dienstbarkeit; Baubeschränkung auf zwei Stockwerke; Art. 738 ZGB; 18 OR
Auslegung einer Dienstbarkeit (Art. 738 ZGB ; Art. 18 OR) – Wiederholung der Grundsätze (E. 2.1-2.3). Eine Dienstbarkeit, die die Bebauung des dienstbarkeitsbelasteten Grundstücks auf eingeschossige Gebäude beschränkt, ist nicht einfach eine Aussicht – oder Bauhöhendienstbarkeit – die meist als solche bezeichnet werden –, sondern dient auch anderen Zwecken, wie der Begrenzung der bebauten Fläche, der Dichte und damit der Erhaltung des landschaftlichen Charakters mit Chalets und der daraus resultierenden Wohnqualität (E. 4.3-4.4).
Baubeschränkung auf zwei Stockwerke – Der Begriff « Stockwerk » ist anhand der allgemeinen Verwendung dieses Begriffs zum Zeitpunkt der Errichtung der Dienstbarkeit auszulegen, unter Vorbehalt eines besonderen Ortsgegrauchs. Das BGer hält fest, dass man sich in erster Linie auf den visuellen Eindruck des zu errichtenden Gebäudes stützen muss, dass man sich aber auch auf die örtlichen Bauvorschriften beziehen kann, wenn man sich über die vorzunehmende Abgrenzung im Unklaren ist. Ein Kellergeschoss wird nicht unbedingt als Stockwerk wahrgenommen, nur weil es zu einem kleinen Teil über den Boden hinausragt. Im vorliegenden Fall jedoch ragt das Untergeschoss des geplanten Gebäudes vollständig aus dem Hang heraus, d. h. aus dem Bodenniveau, und die Fassade ist vollständig mit raumhohen Panoramafenstern versehen. Dieses Untergeschoss ist wie eine echte Wohnebene konzipiert, da es ein Schlafzimmer, ein Badezimmer und ein Arbeitszimmer umfasst. Dasselbe gilt übrigens auch für den Dachboden, der fast 70 % der Fläche des Hauptgeschosses ausmacht und ebenfalls mit Panoramafenstern ausgestattet ist. Insgesamt weist das geplante Gebäude eindeutig drei Stockwerke auf, die alle zu Wohnzwecken dienen, so dass das Projekt mit der im Grundbuch eingetragenen Dienstbarkeit unvereinbar ist (E. 5.4).
NB : Frau Sevhonkians Analyse des vorliegenden Urteils geht auch auf das zur Veröffentlichung bestimmte Urteil des BGer 5A_395/2024 ein.
Allgemeiner Teil OR; Auslegung eines Vertrages; Dienstbarkeit; Beschränkung von Zweitwohnungen; Art. 75b BV; 18, 151 OR
Auslegung eines Vertrages (Art. 18 OR) – Wiederholung der Grundsätze (E. 5.1). Im vorliegenden Fall wurden zwischen einem Grundeigentümer und einer Immobilienentwicklungsgesellschaft mehrere aufeinanderfolgende Verträge unterzeichnet, der letzte davon in öffentlicher Form, um drei Wohnanlagen mit mehreren Dutzend Wohnungen zu errichten. Die Verträge sahen unter anderem die Abtretung von Land an die Gesellschaft, die Einrichtung von Grunddienstbarkeiten und den Bau einer Zufahrtsstraße durch die Gesellschaft vor, die auch das Grundstück des Eigentümers erschliessen sollte. Aufgrund der Annahme der Initiative « Schluss mit uferlosem Bau von Zweitwohnungen » durch das Schweizer Volk wurden die Baugenehmigungen für die Wohnanlagen verweigert.
Es ist nicht willkürlich, anzuerkennen, dass die Vereinbarungen, die die Gesellschaft zum Bau einer Zufahrtsstrasse verpflichteten, von der Fertigstellung der drei geplanten Wohnanlagen abhängig waren, da es diese waren, die die Strasse in erster Linie erschliessen sollte, und die Parteien die Strasse nicht unabhängig vom Rest des Projekts geplant hatten. Mit der Annahme von Art. 75b BV ist das Eintreten dieser Bedingung dauerhaft unmöglich (vgl. Art. 151 Abs. 2 OR), so dass der Grundeigentümer die Errichtung der Strasse nicht verlangen kann (E. 5.4).
Werkvertrag; Zusatzarbeiten; Art. 18 OR; 25 SIA-Norm 118
Zusatzarbeiten – Es ist nicht willkürlich, davon auszugehen, dass die Bauherren über die zusätzlich notwendigen Aushubarbeiten und die Kosten informiert waren, wenn sie sich in den zahlreichen Gesprächen in ihrem Beisein wegen des Wassers und des brüchigen Gesteins nicht dagegen äusserten und wegen dieser unvorhergesehenen Umstände Bauingenieure und Geologen beizogen. Vielmehr validierten sie diese zumindest durch schlüssige Handlungen bzw. durch die Bauleitung (E. 4 und 8). Die Bauherren hatten eine Firma mit der Bauleitung beauftragt, die als einzige auf der Baustelle anweisungsbefugt war. Folglich können sie dem Bauunternehmer nicht vorwerfen, sie nicht direkt informiert zu haben. Weder der vorliegende Vertrag noch die Anweisungspflicht, einen neuen Kostenvoranschlag im Sinne von Art. 25 Abs. 2 der SIA-Norm 118 zu erstellen, sehen dieses Erfordernis vor (E. 7).
Nachbarrecht; Zulässigkeit der Beschwerde für vorsorgliche Massnahmen; Wahrscheinlichkeit des Vorliegens übermässiger Immissionen; Art. 679 ff. ZGB; 93 BGG
Zulässigkeit der Beschwerde für vorsorgliche Massnahmen (Art. 93 BGG) – Die Beschwerde gegen einen Entscheid, mit dem vorsorgliche Massnahmen zur Unterbrechung von (angeblich) übermässigen Lärmimmissionen abgelehnt werden, ist zulässig. Denn wenn sich die Immissionen in der Sache als unzulässig erweisen, hätten die Nachbarn sie während des gesamten Verfahrens ertragen müssen. Dies stellt einen nicht leicht wieder gutzumachenden Nachteil dar (E. 1.3).
Glaubhaftmachung der übermässigen Immissionen – Im vorliegenden Fall stellt sich die Frage, ob die vom Vieh getragenen Glocken zu übermässigen Immissionen für die Nachbarn führen. Da ein privates Lärmgutachten nur für die Südweide erstellt wurde und die Grenzen der Südweide nicht bekannt sind, ist es nicht möglich, eine Vorrichtung zur Begrenzung der Immissionen für diese Weide zu verfassen. Darüber hinaus erscheinen die von den Nachbarn selbst durchgeführten Messungen für die nördlichen, nordwestlichen und südwestlichen Weiden nicht glaubwürdig. Um die Überschreitung der Immissionen glaubhaft zu machen, hätten die Nachbarn zumindest erklären müssen, warum die Lärmmessungen des privaten Experten auf der südlichen Weide unverändert auf die anderen Weiden hätten übertragen werden können (E. 5.1).
Nachbarrecht; Sachliche Zuständigkeit der Gerichte; Streitwert von Immissionen; guter Glaube im Verfahren; Art. 4 ff. ZPO; 679 ff. ZGB
Materielle Zuständigkeit der Gerichte (Art. 4 ff. ZPO) – Wiederholung der Grundsätze (E. 3.3.3). Im Waadtländer Recht ist die wertbezogene Zuständigkeit des Friedensrichters, der alle vermögensrechtlichen Angelegenheiten kennt, deren Streitwert unter CHF 10’000.- liegt und die nicht durch das Gesetz einer anderen Behörde zugewiesen sind, zwingend (E. 3.3.1).
Streitwert der Immissionen – Im vorliegenden Fall war das Kantonsgericht der Ansicht, dass der Streitwert dem Wertverlust des Grundstücks entspricht, auf dem die Immissionen auftreten, da nicht ersichtlich ist, dass die Pferdehaltung auf dem Nachbargrundstück dessen Wert erhöht. Die Haltung von Pferden auf einem Nachbargrundstück mit all den damit verbundenen Einrichtungen und Belästigungen (Pferdeäpfel, Fliegen, Gerüche usw...) entspricht nicht dem, was von einem Käufer in einem Villenviertel erwartet werden kann, und ist daher geeignet, einige Käufer abzuschrecken. Das kantonale Gericht ging daher von einem Streitwert aus, der 5 % des Marktwerts der Parzelle entspricht (E. 3.2.1). Für das BGer stützen sich solche Überlegungen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung (E. 3.3.4).
Guter Glaube im Verfahren (Art. 52 ZPO) – Wiederholung der Grundsätze (E. 3.3.3). Das Verhalten, in der Berufung auf die Unzulässigkeit der Klage zu schliessen, nachdem die Problematik in der erstinstanzlichen Antwort angesprochen, aber nicht formell auf Unzulässigkeit geschlossen wurde, ist nicht missbräuchlich (E. 3.3.4).
Dienstbarkeit; Teilweise oder vollständige gerichtliche Ablösung; Bauverbot oder Baubeschränkung; Auslegung einer Dienstbarkeit; Art. 736, 738 ZGB;18 OR
Vollständige richterliche Entlassung (Art. 736 Abs. 1 ZGB) – Wiederholung der Grundsätze (E. 2). Bauverbots- oder Baubeschränkungsdienstbarkeit – Beispiele für Zwecke, die mit diesen Dienstbarkeiten verfolgt werden (E. 2). Auslegung einer Dienstbarkeit (Art. 738 ZGB) – Wenn der Zweck der Dienstbarkeit nicht aus dem Eintrag im GB oder dem Vertragstext abgeleitet werden kann, ist die objektive Auslegung des Vertrags massgeblich, d.h. der Zweck, der sich vernünftigerweise aus den Bedürfnissen des berechtigtes Grundstücks zur Zeit der Entstehung des Rechts ergab. Eine solche Analyse beinhaltet notwendigerweise gewisse Annahmen (E. 4.1).
Im vorliegenden Fall bestand der Zweck der Dienstbarkeit in der Erhaltung eines architektonisch bemerkenswerten Schulgebäudes durch die Erhaltung seiner Umgebung, d.h. eines grossen Freiraums um das Gebäude herum und eines Blicks auf das umliegende Grün. Der Zweck der Grunddienstbarkeit kann sich nicht auf die Erhaltung der Sonneneinstrahlung beschränken, da ein Spielplatz die alte Schule ohnehin vom belastetem Grundstück trennte. Folglich ist der derzeitige Eigentümer des berechtigten Grundstücks, der das ehemalige Schulgebäude als Wohnung nutzt, aus weitgehend identischen Gründen nicht weniger daran interessiert als die Gemeinde als Rechtsvorgängerin, dass östlich seines Grundstücks keine Gebäude errichtet werden. Die Dienstbarkeit hat somit ihren Nutzen nicht verloren (E. 4.2-4.9).
Teilweise richterliche Ablösung (Art. 736 Abs. 2 ZGB) – Wiederholung der Grundsätze (E. 5.4). Es besteht kein Missverhältnis der Interessen, wenn das dienende Grundstück zum Zeitpunkt der Entstehung des Rechts landwirtschaftlich genutzt wurde und der Eigentümer dieses Grundstücks es heute bebauen möchte. Das Verbot, ein Bauwerk zu errichten, ist genau der Inhalt einer Dienstbarkeit des Bauverbots. Dieser Inhalt bedeutet immer die gleiche Belastung für das belastete Grundstück. Eine Bauverbots-Dienstbarkeit hat nämlich nur dann einen Sinn, wenn sie mit Einschränkungen gegenüber den Möglichkeiten des öffentlichen Rechts verbunden ist. Gerade in der Verhinderung einer öffentlich-rechtlich möglichen Bebauung verwirklicht sich der Zweck der Bauverbots-Dienstbarkeit (E. 5.5).
NB1 : Das vorliegende Urteil wird auch in der Analyse von Frau Sevhonkian zum Urteil des BGer 5A_85/2024 behandelt.
NB2 : Das im Urteil des BGer 5A_397/2024 behandelte Parallelverfahren hat dieselbe Dienstbarkeit zum Gegenstand, deren Gültigkeit bestätigt wird. Dieses Urteil bestätigt das Verbot der Ausführung eines Bauvorhabens, für das eine Baugenehmigung auf dem dienenden Grundstück erteilt wurde.
Dienstbarkeit; Überbauungen; Gebäude, die Gegenstand einer Überbauungsservitut sein können; Interpretation einer Dienstbarkeit; Anfechtungsklage; Art. 667, 674, 737,738 ZGB; 18 OR
Überragende Bauten (Art. 674 ZGB) – Wiederholung der Grundsätze (E. 4.4.1). Gebäude, die Überragende Bauten sein können (Art. 667 ZGB) – Wiederholung der Grundsätze (E. 4.4.2). Bei Gebäuden mit Terrassen können diese Gegenstand eines Überbauchtes sein, wenn es eine technische und funktionelle Verbindung zwischen der Terrasse und dem Gebäude auf dem berechtigten Grundstück gibt, in diesem Fall die Wohnung auf der oberen Ebene (E. 4.5). Dies ist der Fall, wenn die Terrasse von der Wohnung auf der oberen Ebene aus zugänglich ist (E. 4.6).
Auslegung einer Dienstbarkeit (Art. 738 ZGB ; Art. 18 OR) – Wiederholung der Grundsätze (E. 4.7.1-4.7.4). Im vorliegenden Fall, gemäss dem Text des Dienstbarkeitsvertrages, beinhaltet das Baurecht an der Terrasse das Recht, diese zu nutzen. Die Begünstigten einer solchen Dienstbarkeit verfügen somit über zwei dingliche Rechtspositionen : das Eigentum an den überragende Bauten (Überbauungen) und die Dienstbarkeit, die darin besteht, diese auf das Eigentum des Nachbarn übergreifen zu lassen (E. 5.1). Wenn es keine klare Abgrenzung auf einem Plan gibt, muss von Fall zu Fall entschieden werden, was ein Teil des Gebäudes auf dem belasteten Grundstück ist und was ein Teil des überhängenden Objektes, das durch das Baurecht mit den Nachbargebäuden verbunden ist. Entscheidend ist die Funktion des betreffenden Gebäudeteils (E. 5.2).
Anfechtungsklage (Art. 737 Abs. 3 ZGB) – Im Falle von Terrassenhäusern, die an einem Hang gebaut sind, kann nicht geleugnet werden, dass die Nutzung eines Vorsprungs als Dachterrasse auch dazu dient, eine gewisse Aussicht zu gewährleisten. Im vorliegenden Fall ist diese insofern eingeschränkt, als der Servitutsberechtigte einen Sichtschutz für die Terrasse des belasteten Grundstücks durch das Aufstellen von Pflanzenkübeln gewährleisten musste (E. 6.5.4). Jedoch erschwert der Eigentümer des belasteten Grundstücks die Ausübung der Dienstbarkeit nach Art. 737 Abs. 3 ZGB, indem er zusätzlich ein Metallgeländer errichtet, das dem Dienstbarkeitsberechtigten die Sicht nimmt (E. 6.5.7).
Dienstbarkeit; Eigentumsvorschriften für eine Heizdienstbarkeit; Art. 646 ff., 740a, 17 Schlusstitel ZGB
Miteigentumsregeln für eine Heizservitut – Für eine Siedlung mit acht Reihenhäusern wurde eine gemeinsame Heizung auf einem der Grundstücke gebaut, wobei eine Heizservitut zugunsten der anderen sieben Grundstücke eingetragen wurde. Es ist nicht willkürlich, dass die Regeln des Miteigentums (Art. 646 ff. ZGB) und insbesondere Art. 649 Abs. 2 ZGB, der vorsieht, dass wenn ein Miteigentümer über seinen Anteil hinaus zahlt, er die anderen im gleichen Verhältnis in Regress nehmen kann, analog auf die vorliegende Konstellation angewendet werden. Darüber hinaus können sechs Eigentümer ihre Forderung an den siebten Eigentümer abtreten, so dass dieser den Nachbarn, der seine Heizkosten nicht bezahlt, allein verklagen kann (E. 4.2). Das BGer merkt an, dass in Ermangelung einer vertraglichen Lösung wie im vorliegenden Fall, Art. 740a ZGB auch die analoge Anwendung der Regeln des Miteigentums vorsieht, eine Bestimmung, die sogar auf eine Dienstbarkeit vor ihrer Einführung gemäss Art. 17 Abs. 2 Schlusstitel des ZGB anwendbar ist (E. 5.2).
Schuldbetreibung; Bauhandwerkerpfandrecht und Betreibungen; Zahlungsbefehl in der Betreibung auf Pfandverwertung; Art. 80, 151 ff. SchKG; 85 ff. VZG; 837 ff. ZGB; 347 ff. ZPO
Bauhandwerkerpfandrecht und Betreibung – Der Gläubiger, der die endgültige Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts erhalten hat, ist Inhaber einer Forderung, die durch ein Grundpfandrecht gesichert ist. Er kann die Betreibung auf Grundpfandverwertung gemäss Art. 151 ff. SchKG und Art. 85 ff. VZG beantragen, sobald seine Forderung fällig ist und der Schuldner sie nicht bezahlt hat (E. 3.1). Das Urteil, das die endgültige Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts (Art. 837 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB) anordnet, stellt keinen endgültigen Rechtsöffnungstitel für die gesicherte Forderung dar. Um über einen solchen Titel zu verfügen, muss der Unternehmer, der eine Klage auf endgültige Eintragung des gesetzlichen Pfandrechts gegen den Eigentümer eröffnet, diese mit einer Leistungsklage auf Zahlung seiner Forderung gegen den Schuldner kumulieren. Diese Rechtsprechung gilt umso mehr, wenn der Eigentümer des Pfandrechts nicht der Schuldner der persönlichen Forderung ist, wie es der Fall ist, wenn der Schuldner der Generalunternehmer und der Pfandgläubiger ein Subunternehmer ist. Ein vollstreckbares Urteil oder eine vollstreckbare öffentliche Urkunde (Art. 349 ZPO) hat nämlich nur zwischen den Parteien Wirkung (E. 3.4).
Zahlungsbefehl in der Betreibung auf Pfandverwertung – Die Betreibung auf Grundpfandverwertung ist gegen den Schuldner der gesicherten Forderung gerichtet. Der Zahlungsbefehl wird dem Schuldner zugestellt. Wenn die Immobilie, die Gegenstand des Pfandes ist, einem Dritten gehört, wird ein Exemplar des Zahlungsbefehls dem Dritten zugestellt (Art. 153 Abs. 2 Bst. a SchKG) ; es gibt jedoch nur eine einzige Betreibung. Der Dritteigentümer wird nicht zum persönlichen Schuldner des Gläubigers, da es sich sonst um Mitschuldner und nicht mehr um einen Drittpfandhalter handeln würde. Er erlangt lediglich die Eigenschaft eines Mitbetriebene und kann als solcher seine Rechte unabhängig vom betriebenen Schuldner ausüben. Sowohl der Schuldner als auch der Dritteigentümer des Pfandes können daher Rechtsvorschlag gegen den Zahlungsbefehl erheben und können unabhängig voneinander sowohl die Forderung als auch das Pfandrecht anfechten (E. 3.2.1).
Im vorliegenden Fall, in der Betreibung auf Pfandverwertung nach der Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts, gilt die vom Generalunternehmer zugunsten eines Subunternehmers unterzeichnete öffentliche Schuldanerkennung nicht als definitiver Rechtsöffnungstitel gegen den Dritteigentümer des Pfandes, da es an der Identität zwischen dem Schuldner und dem Betreibenden mangelt (E. 4).
Schuldbetreibung; Betreibungsbegehren auf Pfandverwertung; Grundforderung und Schuldbriefforderung; Rechtsöffnung und öffentlich-rechtliche Forderung; Art. 67, 80, 82, 151 SchKG; 842 ZGB
Betreibungsbegehren zur Pfandverwertung (Art. 67 und 151 SchKG) – Wiederholung der Grundsätze (E. 5.1 und 5.3). Grundforderung und Schuldbriefforderung (Art. 842 ZGB) – Wiederholung der Grundsätze (E. 6.3.1 und 6.3.2).
Rechtsöffnung und öffentlich-rechtliche Forderung – Grundsätzlich ist der Weg der provisorischen Rechtsöffnung für öffentlich-rechtliche Forderungen verschlossen. Die öffentliche Körperschaft muss zuerst über die öffentlich-rechtlichen Forderungen entscheiden und auf der Grundlage der rechtskräftigen Entscheidung die endgültige Rechtsöffnung beantragen (E. 4.2). Eine Steuerforderung kann jedoch durch ein Pfandrecht gesichert werden, z.B. durch Hinterlegung von Schuldbriefen als Faustpfand. Auf diese Weise kann der Steuerschuldner insbesondere einen Antrag auf Sicherheitsleistung vermeiden (E. 6.4.3). Die privatrechtliche Schuldbriefforderung hat keinen öffentlich-rechtlichen Charakter, da sie eine öffentlich-rechtliche Grundforderung sichert. Die Schuldbriefforderung bleibt privater Natur und ist nur bei provisorischer Rechtsöffnung über die Betreibung auf Pfandverwertung zugänglich. In dieser Konstellation kann das Zivilgericht angerufen werden, da sich seine Kontrolle nur auf die Schuldbriefforderung und die Einrede des « pactum de non petendo » bezieht (E. 6.4.4). Im vorliegenden Fall, in dem eine Betreibung auf Pfandverwertung vorliegt, muss der Steuerbehörde die provisorische Rechtsöffnung und nicht die definitive Rechtsöffnung gewährt werden (E. 6.4.5).
Schuldbetreibung und konkurs; Gerichtsstand für die Verfolgung einer Erbschaft; Mitteilungen an die Erbengemeinschaft; Aufschub der Verwertung; Art. 49, 51, 65, 123, 139, 156 SchKG
Gerichtsstand für die Betreibung einer Erbschaft (Art. 49 SchKG) – Wiederholung der Grundsätze. Der Zweck der Bestimmung besteht insbesondere darin, dem Gläubiger zu ermöglichen, vor der Teilung am Gerichtsstand des Erblassers zu klagen, wenn noch nicht klar ist, wer der Erbe ist, oder wenn die Erben im Ausland wohnen (E. 2.1). Bei Forderungen, die durch ein Grundpfandrecht gesichert sind, muss die Betreibung auf Pfandverwertung zwingend dort stattfinden, wo sich das verpfändete Grundstück befindet (Art. 51 Abs. 2 SchKG) (E. 2.3).
Zustellungen an die Erbengemeinschaft – Der Zahlungsbefehl, der dem Vertreter der Erbschaft oder, in Abwesenheit eines solchen, einem der Erben zugestellt wird, ist auch dann gültig, wenn der Empfänger der Zustellung die Erben oder Miterben nicht über die Betreibung informiert hat (E. 2.2). Wenn der Gläubiger die Erbengemeinschaft nach Art. 49 SchKG betreiben will, muss er diese klar bezeichnen (z.B. « Nachlass », « Erbmasse », usw.) ; die Angabe « die Erben von X. » ist unzureichend, da sie auch die Erben persönlich bezeichnen kann (E. 2.4.3). Im vorliegenden Fall ist die Bezeichnung « Unverteilte Erbschaft des E.A. », ausreichend genau und bezieht sich eindeutig auf die Erbengemeinschaft (E. 2.4.4). Es obliegt dem Gläubiger, der eine Erbengemeinschaft verfolgt, den Erben zu nennen, dem der Zahlungsbefehl zugestellt werden soll (E. 2.4.6). Ohne diese Angabe ist es jedoch unstrittig, dass das Betreibungsamt den einzigen Miterben, dessen Adresse und Wohnort bekannt war, als Vertreter der Gemeinschaft anerkannt hat. In jedem Fall sind die Mitteilung an den Schuldner über ein Verkaufsbegehren (Art. 120 SchKG) und die Mitteilung über die Verwertung nach Art. 139 und 156 SchKG, die sich gegen die Gemeinschaft richten und diesem Erben zugestellt wurden, gültig (E. 2.4.7).
Aufschub der Verwertung (Art. 123 SchKG) – Ein Antrag auf Aufschub der Verwertung am Tag der Verwertung ist missbräuchlich und muss zurückgewiesen werden (E. 2.5.3). Die Verwertung kann zu diesem Zeitpunkt nur durch eine vollständige Zahlung und nicht mehr durch eine Anzahlung verhindert werden (E. 2.6.1).
Schuldbetreibung und Konkurs; Schätzung einer Immobilie; Art. 49, 51, 65, 123, 139, 156 SchKG
Neuschätzung (Art. 9 VZG) – Nachdem das Betreibungsamt dem Schuldner und gegebenenfalls dem Dritteigentümer das Verkaufsbegehren mitgeteilt hat, ordnet es die Schätzung der betroffenen Immobilie an. Die Schätzung muss den mutmaßlichen Verkehrswert einschliesslich Zubehör ermitteln (E. 2.1.1). Der von der Bank geschätzte Wert ist nicht ausschlaggebend, ebenso wenig wie der Versicherungswert oder der Steuerwert. Es scheint nicht willkürlich zu sein, sich auf den Durchschnitt der Werte zu stützen, die einerseits von einem vom Betreibungsamt gemäss Art. 9 Abs. 1 VZG beauftragten Sachverständigen und andererseits von einem anderen Sachverständigen in einer neuen Schätzung, die von den Schuldnern gemäss Art. 9 Abs. 2 VZG eingeholt wurde, geschätzt wurden (E. 2.3.3).
Gutachten; Frist für die Einreichung der Fragen an den Sachverständigen; Art. 147, 185, 223 ZPO
Frist für die Einreichung der Fragen an den Sachverständigen (Art. 185 ZPO) – In diesem Fall legte der Richter die Frist für die Einreichung der Fragen an den Sachverständigen fest, ohne selbst einen Entwurf erstellt zu haben. Weder im Verfahrensrecht noch in der ständigen Rechtsprechung ist festgelegt, was geschieht, wenn eine Partei ihre Fragen nicht innerhalb der ihr gesetzten Frist formuliert, anders als beispielsweise bei der Antwort (Art. 223 Abs. 2 ZPO). Die Folgen eines Versäumnisses waren den Parteien vom Richter nicht mitgeteilt worden (vgl. Art. 147 Abs. 3 ZPO), so dass der Richter zu Unrecht annahm, dass die Partei, die ihre Fragen nicht innerhalb der Frist formuliert hatte und durch einen Anwalt vertreten war, dies nicht mehr nachträglich tun konnte (E. 6.3).
NB : Das Urteil des BGer 4A_47/2023 bezieht sich auf denselben Fall und hat denselben Inhalt.
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