Newsletter Dezember 2022

Herausgegeben von Bohnet F., Eggler M. und Varin S., mit der Teilnahme von Rothenfluh C.


Frohe und besinnliche Weihnachten !

Das Team der Newsletter immodroit.ch wünscht Ihnen ein schönes Weihnachtsfest und alles Gute für ein glückliches und erfolgreiches Jahr 2023 !

BGer 5A_323/2022 vom 27. Oktober 2022

Bauhandwerkerpfandrecht; hinreichende Sicherheit; Art. 839 Abs. 3 ZGB

Hinreichende Sicherheiten (Art. 839 Abs. 3 ZGB) – Der Grundeigentümer kann die provisorische oder definitive Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts verhindern, wenn er eine hinreichende Sicherheit im Sinne von Art. 839 Abs. 3 ZGB leistet. Diese Sicherheit können persönlicher Natur (Bankgarantie, Bürgschaft, andere auf dem Obligationenrecht beruhende Garantie) oder dinglicher Natur (Hinterlegung eines Betrags oder Verpfändung anderer Werte) sein. Um « hinreichend » zu sein, muss die Sicherheit, die durch das Pfandrecht gesicherte Forderung vollständig abdedcken : Sie muss also in qualitativer und quantitativer Hinsicht die gleiche Deckung wie das Bauhandwerkerpfandrecht bieten. In quantitativer Hinsicht bietet das Bauhandwerkerpfandrecht dem Gläubiger Sicherheit für die Kapitalforderung und die Verzugszinsen sowie gegebenenfalls für die Vertragszinsen. Da die Verzugszinsen zeitlich nicht begrenzt sind, hielt das Bundesgericht bis anhin fest, dass die Sicherheiten, die anstelle der Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrecht treten, auch eine unbegrenzte Sicherheit für die Verzugszinsen bieten müssen (vgl. BGE 142 III 738) (E. 3.3 – 3.3.2).

Diese in der Lehre kritisierte Rechtsprechung führte zu einem gesetzgeberischen Revisionsverfahren, das die durch die hinreichende Sicherheit nach Art. 839 Abs. 3 ZGB gedeckten Verzugszinse auf zehn Jahre begrenzt (E. 3.3.2.2). Das Bundesgericht erwof, dass in bestimmten Fällen eine laufende Gesetzesrevision bei der Auslegung einer Norm berücksichtigt werden kann (E. 3.3.3).

Im vorliegenden Fall umfasste der Betrag der von den Eigentümern hinterlegten Sicherheit neben der Kapitalforderung auch die Verzugszinsen über einen Zeitraum von zehn Jahren. Dass sich der Unternehmer vorliegend auf die vorgenannte Rechtsprechung stützte und sich dabei auf die Unzulänglichkeit der hinterlegten Sicherheiten berief, ist gemäss Bundesgericht nicht rechtsmissbräuchlich. Hingegen betrachtete das Bundesgericht den Entscheid der Vorinstanz nicht als willkürlich, in dem sie sich auf das laufende Gesetzgebungsprojekt beziehen, um von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen feststellte, dass die Sicherheit, die hier die Forderung des Unternehmers sowie die Verzugszinsen über zehn Jahre deckte, ausreichend waren (E. 3.4).

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Bauhandwerkerpfandrecht

Analyse der Rechtsprechung BGer 5A_323/2022

Carol Simona Rothenfluh

Rechtsanwältin, MLaw

Quantifizierung der « hinreichenden Sicherheit » gemäss Art. 839 Abs. 3 ZGB bezüglich Verzugszinse, Besprechung des Urteils 5A_323/2022 des Bundesgerichts

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BGer 4D_73/2021 vom 2. November 2022

Kaufvertrag; Mangel; Verjährung; Dispositionsgrundsatz; Art. 210 und 219 OR; 58 ZPO

Dispositionsgrundsatz (Art. 58 ZPO) – Die Rüge der Verletzung des Dispositionsgrundsatzes ist im Rahmen einer subsidiären Verfassungsbeschwerde unzulässig, da es sich bei diesem Grundsatz nicht um ein verfassungsmässiges Recht handelt (E. 4.2.1).

Verjährung der Mängelgewährleistungsklage (Art. 219 Abs. 3 OR) – Die Klage auf Gewährleistung für Mängel an einem Gebäude verjährt fünf Jahre nach der Eigentumsübertragung. Der Verkäufer kann sich nicht auf die Verjährung berufen, wenn ihm nachgewiesen wird, dass er den Käufer absichtlich irregeführt hat (Art. 210 Abs. 6 OR). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts unterliegen Gewährleistungsansprüche bei arglistiger Täuschung der zehnjährigen Verjährungsfrist von Art. 127 OR (E. 5.1 und 5.1.1).

Absichtliche Täuschung – Arglistige Absicht wird angenommen, wenn der Verkäufer es wissentlich unterlassen hat, dem Käufer das Vorhandensein eines Mangels zu offenbaren, der diesen Mangel nicht kannte und aufgrund seiner verborgenen Natur auch nicht hätte entdecken können, obwohl der Verkäufer wusste, dass dieser Mangel für den Käufer von Bedeutung war. Die Verheimlichung muss absichtlich erfolgen, Eventualvorsatz reicht aus. Der Verkäufer muss den Mangel tatsächlich gekannt haben; Unwissenheit, selbst wenn sie auf grobe Fahrlässigkeit zurückzuführen ist, muss berücksichtigt werden (E. 5.1.2-5.1.3).

Im vorliegenden Fall stützte sich der Verkäufer von landwirtschaftlichem Land auf die Daten des Grundbuchs, um die Rubrik des Formulars für die landwirtschaftliche Bodenkommission auszufüllen, die sich auf die landwirtschaftliche Nutzfläche (LN) im Sinne von Art. 14 der Landwirtschaftlichen Begriffsverordnung (LBV) bezog. Obwohl anerkannt wird, dass die LN nicht immer mit dem übereinstimmt, was im Grundbuch eingetragen ist, reicht dies nicht aus, um zu beweisen, dass der Verkäufer den Käufer bewusst und willentlich getäuscht hat (E. 5.3.1.1 bis 5.3.2).

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Kaufvertrag Mängel/Garantie Verfahren

BGer 4A_473/2021 vom 27. September 2022

Werkvertrag; Werklieferung; Vertretung des Bauherren; SIA Norm; Verrechnung; Art. 33, 120 und 372 OR; 33 Abs. 2 SIA-Norm 118

Ablieferung des Werks (Art. 372 OR) – Vorbehaltlich anderer Vereinbarungen muss der Kunde die Vergütung bei Ablieferung des Werks bezahlen. Die Lieferung setzt voraus, dass das Werk fertiggestellt ist. Dies ist der Fall, wenn der Unternehmer alle vereinbarten Arbeiten ausgeführt hat, d. h. wenn das Werk fertiggestellt ist. Die Tatsache, dass es frei von Mängeln ist, spielt hingegen keine Rolle. Das Werk wird durch seine Übergabe oder durch die ausdrückliche oder stillschweigende Mitteilung des Unternehmers, dass es fertiggestellt ist, geliefert. Die Lieferung entspricht aus der Sicht des Käufers der Abnahme des Werkes. Ein besonderer Abnahmewille des Käufers oder seines Vertreters ist nicht erforderlich. Wenn der Käufer das Werk in Betrieb nimmt, gilt es als geliefert. Darüber hinaus gilt das Werk bei vorzeitiger Beendigung des Vertrags, sei es durch Kündigung oder Aufhebung im gegenseitigen Einvernehmen, als in dem Zustand geliefert, in dem es sich befindet, was die mit der Lieferung verbundenen Rechtsfolgen auslöst (E. 3.2.1).

Auslegung eines Vertrags (Art. 18 OR) – Erinnerung an die Grundsätze (E. 3.2.2).

Im vorliegenden Fall schickte der Bauherr eine Auftragsbestätigung für eine bestimmte Qualität der Verglasung auf der Grundlage eines Angebots, das diese Qualität ausdrücklich spezifizierte. Daher kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Vertrag aufgrund früherer Angebote für eine höhere Qualität geschlossen worden wäre. Nach Treu und Glauben obliegt es dem durch einen Architekten vertretenen Bauherrn, die Angebote auf die wesentlichen Punkte, insbesondere auf die Einhaltung der Minergie-Standards, zu prüfen bzw. bei Zweifeln Auskünfte einzuholen (E. 3.3.2). Da der Vertrag vertragsgemäss erfüllt wurde, liegt kein Mangel vor und der Bauherr war nicht berechtigt, die Fertigstellung der Arbeiten zu verhindern bzw. durch einen Dritten fertigstellen zu lassen (E. 3.4).

Vertretung (Art. 33 Abs. 2 SIA-Norm 118 und Art. 33 Abs. 3 OR) – Wenn die SIA-Norm 118 Anwendung findet, sieht Art. 33 Abs. 2 dieser Norm vor, dass alle das Bauwerk betreffenden Willenserklärungen der Bauleitung für den Bauherrn rechtlich bindend sind, insbesondere Bestellungen und der Abschluss des Werkvertrags. Im vorliegenden Fall wird damit der Argumentation des Bauherrn widersprochen, dass die Vertretungsmacht auf die Kontrolle der Bauunternehmer beschränkt war. Zudem gingen die von der Bauleitung ausgeführten Aufgaben weit über diese Kontrolle hinaus und entsprachen einer Mitteilung der impliziten Vertretungsmacht im Sinne von Art. 33 Abs. 3 OR (E. 3.3.3).

Verrechnung (Art. 120 OR) – Erinnerung an die Grundsätze (E. 4.1). Die angeblichen Ausgleichsforderungen des Geschäftsherrn beruhen im vorliegenden Fall auf der Annahme eines Mangels, der nicht vorliegt, so dass die Verrechnungseinrede zurückzuweisen ist (E. 4.3).

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Werkvertrag Mängel/Garantie SIA Normen

BGer 4A_429/2021 vom 27. Juli 2022

Architekturvertrag; Architektenhonorar; Vertrag mit sich selbst; Art. 18 und 718b OR

Auslegung des übereinstimmenden und wirklichen Willens der Parteien (Art. 18 OR) – Die Klage des Architekten, dessen Honorar im ursprünglichen Kostenvoranschlag auf pauschal CHF 85'000.- festgelegt worden war und der in seiner Schlussrechnung CHF 196’848.- verlangt, wird abgewiesen. Eine Reihe von Indizien für den tatsächlichen Willen der Parteien sprechen dafür : a) ein ursprünglicher Kostenvoranschlag, der dem einzigen unterzeichneten Dokument beigefügt war, nannte den Betrag von CHF 85’000.- ; b) der Ingenieur wurde pauschal auf die gleiche Weise vergütet ; c) der Baukredit wurde 2012 für einen Betrag abgeschlossen, mit dem die Schlussrechnung des Architekten nicht hätte finanziert werden können ; d) unter Immobilienfachleuten ist eine solche Erhöhung des Honorars nicht glaubhaft ; e) das ursprüngliche Honorar machte 9,4% der Schlussrechnung aus, während es ohne objektiven Grund auf 17% steigen würde, was in keinem Verhältnis zu den gestiegenen Baukosten zu stehen scheint ; f) die der Bank im Laufe der Arbeiten übermittelten Zahlungsscheine näherten sich dem Betrag des Kostenvoranschlags an, und in den Archiven der Bank findet sich keine Spur mehr von einer angeblich zweiten Version.

Vertrag mit sich selbst (Art. 718b OR) – Die vom Architekten geforderte Erhöhung des Honorars hätte der Schriftform bedurft, da der Architekt dann in der Lage gewesen wäre, einen Vertrag mit sich selbst zu schließen, was nicht geschehen war. Aus diesem Grund muss seine Forderung ebenfalls zurückgewiesen werden, was der Architekt in seiner Berufung nicht kritisierte.

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Architektur- und Ingenieurvertrag

BGer 5A_311/2022, 5A_437/2022 vom 9. November 2022

Stockwerkeigentum; Beschluss zur Ernennung eines Vertreters der Gemeinschaft der Stockwerkeigentümer; Postulationsfähigkeit; Art. 93 BGG; 12 BGFA

Zwischenentscheid (Art. 93 BGG) – Die Entscheidung, einen Vertreter der Stockwerkeigen­tümergemeinschaft zu ernennen, ist als Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG zu qualifizieren (E. 2.1.2).

Beschwerde gegen einen Zwischenentscheid – Erinnerung an die Grundsätze (E. 2.2.1).

Postulationsunfähigkeitsentscheid - Wenn die Zwischenverfügung dem von einer Partei beauftragten Anwalt verbietet, als deren Vertreter aufzutreten, fügt sie dem Auftraggeber des Anwalts einen nicht wiedergutzumachenden Schaden zu. Dieser Partei wird nämlich das Recht genommen, ihre Interessen von einem Anwalt ihrer Wahl vertreten zu lassen. Der abgedrängte Anwalt kann auch eine sofortige Beschwerde einlegen. Umgekehrt ist die Beschwerde grundsätzlich nicht offen, wenn die Einrede der Postulationsunfähigkeit abgewiesen wird (E. 2.2.2).

Im vorliegenden Fall wurde der Anwalt zum Vertreter der Gemeinschaft der Stockwerkeigentümer ernannt, um diese in Verfahren zur Aufhebung von Beschlüssen der Stockwerkeigentümer zu vertreten, und verteidigte darüber hinaus die anderen Eigentümer einzeln. Der Stockwerkeigentümer, der in diesen Verfahren als Gegenpartei auftrat und die Einrede der Postulationsunfähigkeit erhob, konnte jedoch weder nachweisen, dass es zwischen der Gemeinschaft und den anderen vertretenen Eigentümern unterschiedliche Interessen gibt, noch inwiefern ein solcher Konflikt ihm schaden würde. Die Rolle des so ernannten Anwalts besteht darin, die prozessuale Position der Gemeinschaft gegenüber dem Stockwerkeigentümer zu unterstützen, der die Verfahren zur Aufhebung bestimmter Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft eingeleitet hat. Dies hat zur Folge, dass er keine neutrale und unparteiische Position gegenüber allen Stockwerkeigentümern einnehmen kann, insbesondere nicht gegenüber dem Stockwerkeigentümer, der der Gemeinschaft in den oben genannten Verfahren gegenübersteht (E. 2.4).

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Stockwerkeigentum Verfahren

BGer 5A_163/2022 vom 14. Oktober 2022

Überbaurecht; Bedingungen für die Eintragung eines Überbaurecht; Entscheid über angemessene Entschädigung; Art. 674 ZGB

Entscheidung über angemessene Entschädigung – Einen reformatorischen Entscheid des BGer. kommt für die Gewährung einer angemessenen Entschädigung als Gegenleistung für die Eintragung einer Dienstbarkeit nur dann in Betracht, wenn sich die Vorinstanz mit der Frage der Entschädigung befasst hat. Darüber hinaus müssen Gerichtsanträge, die auf einen Geldbetrag gerichtet sind, beziffert werden; ein Antrag auf Festsetzung einer angemessenen Entschädigung reicht nicht aus (E. 1.4).

Überbaurecht (Art. 674 Abs. 1 und 3) – Erinnerung an die Grundsätze. Der Eigentümer eines Bauwerks, das sich auf dem Grundstück eines anderen befindet, muss sich die Kenntnis der Rechtswidrigkeit, d.h. den fehlenden guten Glauben, seines Vorgängers, der das Bauwerk errichtet hat, zurechnen lassen, da die Rechte aus Art. 674 Abs. 3 propter rem sind (E. 3.2).

Darüber hinaus rechtfertigen die Umstände des vorliegenden Falles nicht, dass der Eigentümer des geschädigten Grundstücks eine Dienstbarkeit gewährt, um den Fortbestand der vom Nachbarn auf seinem Grundstück errichteten Treppe zu sichern. Insbesondere ist diese Konstruktion nicht unbedingt notwendig, da der Nachbar über eine Innentreppe verfügt bzw. gegebenenfalls auch eine Treppe auf der Nordseite seines Grundstücks errichten könnte (E. 3.2 und 3.4).

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Dienstbarkeit Verfahren

BGE 149 III 117, BGer 5A_650/2022 vom 13. Oktober 2022

Bäuerliches Bodenrecht; Betreibung auf Pfandverwertung; Zustellung des Zahlungsbefehls; Landwirtschaftliches Unternehmen, das von den Eheleuten gemeinsam betrieben wird; Art. 40 BGBB; 153 SchKG; 169 ZGB; 14 PartG

Zustellung des Zahlungsbefehls in der Betreibung auf Pfandverwertung – Art. 153 Abs. 2 Bst. b SchKG weist keine Lücke auf, indem er Art. 40 BGBB betreffend die Veräusserung des von den Ehegatten gemeinsam bewirtschafteten landwirtschaftlichen Gewerbes nicht erwähnt. Formen der Interessengemeinschaft zwischen Ehegatten, insbesondere wirtschaftlicher Art, geniessen nicht den Schutz, der der Familienwohnung im Sinne von Art. 169 ZGB und Art. 14 PartG vorbehalten ist. So muss der Zahlungsbefehl dem Ehegatten nur dann zugestellt werden, wenn das belastete landwirtschaftliche Unternehmen mit der Familienwohnung zusammenfällt (E. 3.3).

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Bäuerliches Bodenrecht SchKG (Schuldbetreibung) Zur Publikation vorgesehen

BGer 4A_220/2022 vom 19. Oktober 2022

Gesamtarbeitsverträgen; Unterstellung eines Arbeitnehmers unter einen Gesamtarbeitsvertrag; Art. 357 OR; GAV-SOR

Auslegung eines GAV (Art. 357 OR) – Erinnerung an die Grundsätze. Klauseln über den Abschluss, den Inhalt und die Beendigung von Einzelarbeitsverträgen haben für die Dauer des Vertrags eine direkte und zwingende Wirkung für die Arbeitgeber und Arbeitnehmer, für die sie verbindlich sind. Sie werden als normative Klauseln bezeichnet. Sie müssen auf die gleiche Weise wie ein Gesetz ausgelegt werden (E. 3.1.1).

Anwendung des Gesamtarbeitsvertrages ausbaugewerbes der Westschweiz (GAV-SOR) auf einen Arbeitnehmer – Ein Unternehmen, das in einem Bereich tätig ist, der unter den GAV-SOR fällt, nämlich dem der Schreinerei und Tischlerei, stellt einen als Hilfsarbeiter qualifizierten Arbeitnehmer ein, der Aufgaben wie Reinigung und Wartung, Verwaltung der Materialbestände, Lieferungen, Kontrolle der Schließung von Zugangstüren usw. übernimmt.

Der Begriff « Betriebspersonal » wird im Gegensatz zu Verwaltungs- oder Büropersonal verwendet. Somit kann der Argumentation des Unternehmens, dass der Beschwerdegegner nicht dem GAV-SOR unterstellt sei, weil er keine Schreinerarbeiten verrichte und nur in Ausnahmefällen Lieferungen von Elementen durchführe, die anschließend von anderen Angestellten montiert werden müssten, nicht gefolgt werden. Art. 18 GAV-SOR bezieht sich insbesondere auf Hilfsarbeiter, d. h. Arbeitnehmer, die Aufgaben ausführen, die keine Ausbildung erfordern. Die Regelmäßigkeit der Anwesenheit des Arbeitnehmers auf den Baustellen ist daher nicht entscheidend. Aufgrund der von dem Arbeitnehmer durchgeführten Lieferungen war er nicht ausschließlich im technischen und kaufmännischen Teil des Unternehmens tätig, wobei zu beachten ist, dass der GAV-SOR nicht vorschreibt, die überwiegende Tätigkeit des Arbeitnehmers zu bestimmen. Das kantonale Gericht hat daher zu Recht und ohne Willkür festgestellt, dass das streitige Arbeitsverhältnis dem GAV-SOR unterliegt (E. 3.4).

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Gesamtarbeitsvertrag (GAV)

BGer 4A_161/2021 vom 27. September 2022

Haftpflicht; Verhandlungsmaxime und Dispositionsgrundsatz; Art. 55 und 58 ZPO

Verhandlungsmaxime und Dispositionsgrundsatz (Art. 55 und 58 ZPO) – Erinnerung an die Grundsätze (E. 3).

Im vorliegenden Fall verursachte eine grosse Schlamm- und Schuttlawine, die auf den oberhalb gelegenen Parzellen gelagert wurde, Schäden auf einer tiefer gelegenen Parzelle. Die bloße Tatsache, dass die Versicherung der Eigentümer der beschädigten Parzelle einen Selbstbehalt von CHF 10'000.- anwendet, reicht allein nicht aus, um einen Schaden zu beweisen, für den die Eigentümer der oberen Parzellen verantwortlich sind (E. 4.1). Ebenso kann man sich nicht ausschließlich auf den Stromverbrauch des Vorjahres stützen, um einen Schaden in dieser Hinsicht zu beweisen (E. 4.3).

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Verfahren Haftpflicht
Alle Links für Rechtspraktiker finden Sie unter www.droitNE.ch

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