Newsletter Oktober 2025
Herausgegeben von Bohnet F., Carron B., Eggler M., Varin S.
Mit der Unterstützung von Die Kammer der Fachanwälte SAV im Bau- und Immobilienrecht
Herausgegeben von Bohnet F., Carron B., Eggler M., Varin S.
Miteigentum; Rechtskraft von Beschlüssen der Miteigentümerversammlung; Art. 59 Abs. 2 lit. e ZPO
Rechtskraft von Beschlüssen der Miteigentümerversammlung (Art. 59 Abs. 2 lit. e ZPO) – Im vorliegenden Fall hat ein Miteigentümer zehn Beschlüsse der Miteigentümerversammlung angefochten. In der Berufung hat er auf die Anfechtung eines der in erster Instanz bestätigten Beschlüsse verzichtet und die Anfechtung der übrigen Beschlüsse aufrechterhalten. Die Tatsache, dass sich der Eigentümer mit dem erstinstanzlichen Urteil in Bezug auf einen der Beschlüsse abgefunden hatte, schloss eine Prüfung der formellen Gültigkeit der anderen Beschlüsse durch das Kantonsgericht nicht aus, d. h. in diesem Fall die Frage, ob die Versammlung rechtswidrig abgehalten worden war. Die Frage der formellen Gültigkeit der in der Eigentümerversammlung gefassten Beschlüsse betrifft nämlich nicht die rechtliche Konsequenz der Nichtigerklärung, auf die der Miteigentümer in der Berufung verzichtet hat, sondern ihre rechtliche Begründung, die nicht Teil der Rechtskraft ist (E. 3.3).
Avocat spécialiste FSA droit du bail, LL.M., Dr en droit, Professeur à l'Université de Neuchâtel
Haftpflicht; zivilrechtliche Haftung im Zusammenhang mit einer Abstimmung in der Stockwerkeigentümerversammlung; Architektenvertrag; Art. 41 OR
Zivilrechtliche Haftung im Zusammenhang mit einer Abstimmung in der Stockwerkeigentümerversammlung – Nach einem ersten Verfahren betreffend strittiger Arbeiten in einer Stockwerkeigentümergemeinschaft wird eine neue Klage gegen den Architekten erhoben, der zugleich Geschäftsführer einer Gemeinschaft der Stockwerkeigentümer war. Die Ansprüche stützen sich darauf, dass der Architekt trotz des Interessenkonflikts an der Generalversammlung abgestimmt hat. Die Klage wurde vom Kantonsgericht mit der Begründung abgewiesen, dass im ersten Verfahren keine Parteientschädigungen zugesprochen worden sei. Nach Ansicht des Bundesgerichts kann eine Gegenpartei oder ein Dritter im Verfahren verpflichtet sein, die nicht durch die Parteientschädigung gedeckte Anwaltskosten zu übernehmen, sofern die Voraussetzungen für eine ausservertragliche oder vertragliche Haftung erfüllt sind. Die Vorinstanz durfte sich daher nicht darauf beschränken, auf das Fehlen von Parteientschädigung zu verweisen, um den Ausgang des Rechtsstreits als entschieden zu betrachten. Sie hätte prüfen müssen, ob der Architekt ausservertraglich haftbar war, d. h. ob die Voraussetzungen von Art. 41 OR erfüllt waren (E. 5.3).
Haftpflicht; Haftung des Grundeigentümers; natürlicher und adäquate Kausalität; Feststellung des Schadens; Art. 679, 684 ZGB; 42 OR
Haftung des Grundeigentümers (Art. 679, 684 ZGB) – Wiederholung der Grundsätze (E. 3.1). Natürliche und adäquate Kausalität – Wiederholung der Grundsätze (E. 3.2). Feststellung des Schadens (E. 3.3). Im vorliegenden Fall hat der Staub mehrerer Baustellen dazu geführt, dass die in der Nähe angebauten Aprikosen für den Verzehr ungeeignet waren. Die Haftung des Eigentümers und Bauherrn der bebauten Grundstücke wird bejaht. Eine Einsparung bei den Lohnkosten für die Ernte ist nicht auf den Schadenbetrag anzurechnen, da die Früchte trotz ihrer Nichtverwendbarkeit entfernt und vernichtet werden mussten (E. 5.3.2.2).
Eigentum/Besitz; Materielle Enteignung; Auszonung und Nichteinzonung; Vertrauensschutz; Art. 9, 26 BV; 5 RPG
Materielle Enteignung – Wiederholung der Grundsätze (E. 3.1). Auszonung und Nichteinzonung – Wiederholung der Grundsätze (E. 3.1). Im vorliegenden Fall wurde der Nutzungsplan 1969 erlassen, also lange vor Inkrafttreten des RPG. Dieser wurde in den Nutzungsplan von 1983 übernommen, der seinerseits den grundlegenden Anforderungen des RPG nicht genügte, da er eine erhebliche Überdimensionierung der Bauzone aufwies. Die streitige Planungsmassnahme aus dem Jahr 2016 stellt daher eine Nichteinzonung und keine Auszonung dar (E. 3.2).
Vertrauensschutz – Wiederholung der Grundsätze (E. 4.1). Die Tatsache, dass das kantonale Gericht, welches 2011 über einen Streit betreffend eine Baubewilligung zu befinden hatte, der Ansicht war, ein Teil der betroffenen Parzellen sei für eine « ausgewogene und angemessene » Überbauung geeignet, stellt keine Zusicherung einer zuständigen Behörde im Sinne der Rechtsprechung dar. Es war Aufgabe der kantonalen Behörde, die Bauzone unter Berücksichtigung der erheblichen Überdimensionierung neu festzulegen. Angesichts des Alters der Planung, der peripheren Lage der Grundstücke ausserhalb der bestehenden Bauzone, des Vorhandenseins eines Flachmoors sowie der veränderten Waldgrenze konnte die Eigentümerin nicht auf den Verbleib ihrer Parzellen in der Bauzone vertrauen (E. 4.2).
Schuldbetreibung; Gebühr der gesetzlichen Verwaltung; Kosten der StWE; Art. 17, 20 VZG; 712h ZGB
Gebühr der gesetzlichen Verwaltung (Art. 20 VZG) – Im vorliegenden Fall ist die Gebühr von CHF 375'635,76 für vier Jahre Verwaltung nicht willkürlich (E. 3.2.2). Kosten der StWE – Im Rahmen des für die gesetzliche Verwaltung geltenden Grundsatzes der Notwendigkeit gilt die Zahlung der Beiträge an die gemeinschaftlichen Kosten und Lasten als ordentliche Massnahme im Sinne von Art. 17 VZG. Der hierfür einbehaltene Gesamtbetrag von CHF 2'047'536,10 ist nicht zu beanstanden. Er wurde anteilsmässig auf der Grundlage der 849.9 Tausendstel der in die Konkursmasse gefallenen Anteile sowie gestützt auf die von der Stockwerkeigentümerversammlung genehmigten Betriebsbudgets 2019–2022 berechnet (E. 3.3.1). Um diesen Betrag wirksam anzufechten, hätte der Gläubiger im Einzelnen darlegen müssen, welche Ausgaben nicht notwendig waren und vom Betreibungsamt zu Unrecht als notwendig erachtet wurden ; dies hat er jedoch unterlassen (E. 3.3.2).
Schuldbetreibung; Arrrest einer Liegenschaft; Anspruchs- und Anfechtungsverfahren; Simulation; Art. 106 ff., 285 ff., 271 SchKG; 10 VZG; 18 OR
Arrest einer Liegenschaft (Art. 271 SchKG ; 10 VZG) – Wiederholung der Grundsätze (E. 4.1). Anspruchs- und Anfechtungsverfahren (Art. 106 ff., 285 ff. SchKG) – Wiederholung der Grundsätze (E. 4.2). Simulation – Wiederholung der Grundsätze (E. 7.2). Im vorliegenden Fall ist es nicht willkürlich, anzunehmen, dass die Schenkung einer Wohnung durch den Schuldner an seine Kinder unter Einräumung eines Nutzniessungsrechts zugunsten seiner geschiedenen Ehefrau nicht simuliert war. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass der Schuldner materiell oder rechtlich eine Verfügungsmacht über die Wohnung behalten oder daraus weiterhin einen wirtschaftlichen Nutzen gezogen hätte (E. 7.2).
Schuldbetreibung; Verwertung eines Erbanteils im Zwangvollstreckungsverfahren; Mitwirkung der Behörde bei der Erbteilung; Bestimmung der Vewertungsart; Art. 123, 132 SchKG; 609 ZGB; 9 ff. VVAG
Verwertung eines Erbanteils im Zwangsvollstreckungsverfahren (Art. 132 SchKG; 9 ff. VVAG) – Wiederholung der Grundsätze (E. 3.1–3.2). Mitwirkung der Behörde bei der Erbteilung (Art. 609 ZGB) – Wiederholung der Grundsätze (E. 3.3). Bestimmung der Verwertungsart – Im Rahmen von Art. 10 VVAG beschränkt sich die Zuständigkeit der Aufsichtsbehörde auf die Festlegung der Verwertungsart. Gelingt es dem Betreibungsamt nicht, zwischen den Parteien eine gütliche Einigung zu erzielen, und erachtet die Aufsichtsbehörde es als nicht zweckmässig, ein neues Schlichtungsverfahren anzuordnen, hat sie zwingend die Art der Verwertung festzulegen. Die Aufsichtsbehörde ist nicht befugt, die Verwertung gestützt auf Art. 123 SchKG aufzuschieben (E. 3.4.3).
Bäuerliches Bodenrecht; Landwirtschaftliches Gewerbe; Standardarbeitseinheit; Art. 7 BGBB
Landwirtschaftliches Gewerbe (Art. 7 BGBB) – Wiederholung der Grundsätze (E. 5.1–5.6). Standardarbeitskraft – Wiederholung der Grundsätze (E. 5.2–5.3). Im vorliegenden Fall bestand kein Anlass, vom Ergebnis des Gutachtens abzuweichen, wonach der Stall aufgrund seines Alters nicht mehr 25 Grossvieheinheiten aufnehmen konnte, ohne die Tierschutzvorschriften zu verletzen (E. 6.2). Zudem dürfen hypothetisch gepachtete Flächen bei der Berechnung der Standardarbeitskraft nicht berücksichtigt werden, vorbehaltlich von Art. 7 Abs. 4 lit. c BGBB, dessen Voraussetzungen im vorliegenden Fall nicht erfüllt sind (E. 7.2).
Strafrecht; Sachbeschädigung, Nötigung, Verletzung des Geheimbereichs oder des Privatbereichs durch Aufnahmegeräte; Art. 144, 179quater, 181 StGB
Sachbeschädigung (Art. 144 StGB), Nötigung (Art. 181 StGB), Verletzung des Geheimbereichs oder des Privatbereichs durch Aufnahmegeräte (Art. 179quater StGB) – In einem Gebäude, das einer Aktiengesellschaft von Mieter-Aktionären gehört, erfüllt ein Mieter-Aktionär den Tatbestand der Sachbeschädigung (E. 3) und der Nötigung (E. 4), indem er wiederholt eine neue Zugangstür in einem Korridor, der zu drei Wohnungen führt, anbringt bzw. die Schliesszylinder dieser Tür austauscht, wodurch er den anderen den Zugang zu ihrer Wohnung verwehrt und sie zwingt, Kosten (Schlüsseldienst, Hotel) zu tragen. Die Installation von Überwachungskameras in demselben Korridor ohne Zustimmung der Mieter-Aktionäre der betroffenen Wohnungen erfüllt den Tatbestand von Art. 179quater StGB (E. 5).
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