BGer 5A_388/2024 vom 1. Oktober 2024
Schuldbetreibung; öffentliche Versteigerung einer Immobilie; Allgemeine Verkaufsbedingungen; Angebot und Annahme bei einer Versteigerung; unerlaubte oder sittenwidrige Machenschaften; Art. 133 ff., 256 ff. SchKG; 45 ff., 60 VZG; 3 ff., 230 ff. OR
Öffentliche Versteigerung einer Immobilie (Art. 133 ff. und 256 SchKG ; 45 ff. VZG) – Wiederholung der Grundsätze. Allgemeine Geschäftsbedingungen – Ein Ersteigerer kann die allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht anfechten, wenn er sie durch seine Teilnahme an der Versteigerung stillschweigend akzeptiert hat. Wenn er mit diesen Bedingungen nicht einverstanden ist, ist es ihm freigestellt, nicht zu bieten. Denn diese Bedingungen bilden für ihn die Grundlage seiner Verpflichtung : wenn er bietet, dann auf der Grundlage dieser Bedingungen; er kann eine Zahlung, die die Verkaufsbedingungen zusätzlich zum Zuschlagspreis vorsehen würden, nicht verweigern (E. 6.2.1).
Angebot und Annahme bei einer Versteigerung – Angesichts der Rechtsnatur und der Besonderheiten des Versteigerungsverfahrens können die allgemeinen Regeln über den Vertragsschluss und insbesondere die Regeln über das Angebot und dessen Annahme (Art. 3 ff. OR) nicht angewendet werden, auch nicht analog. Art. 45 Abs. 1 Bst. e VZG besagt, dass jeder Bieter an sein Gebot gebunden bleibt, solange der nächste Bieter nicht den Zuschlag erhalten hat. Wenn die Verkaufsbedingungen eine Barzahlung in bar oder die Leistung von Sicherheiten verlangen, wird die Immobilie erst zugeschlagen, wenn die Zahlung oder die Sicherheit geleistet wurde. Andernfalls wird die Versteigerung fortgesetzt, das nächstniedrigere Gebot wird erneut dreimal ausgeschrieben und die Immobilie wird zugeschlagen, wenn kein höheres Gebot abgegeben wird (Art. 60 Abs. 2 VZG ; E. 6.2.2). Die Folgen dieses Systems können sein, dass ein Bieter den Zuschlag für die Immobilie zu einem höheren Betrag erhält, als er hätte bieten müssen, wenn nicht ein Konkurrent, der sich letztlich als nicht in der Lage erweist, einen Vorschuss zu leisten, eingesprungen wäre (E. 6.3).
Rechtswidrige oder sittenwidrige Machenschaften (Art. 230 OR) – Wiederholung der Grundsätze (E. 7.2). Für die Annahme einer unerlaubten oder sittenwidrigen Handlung, d.h. eines Verhaltens, das darauf abzielt, die anderen Bieter zu täuschen, reicht die blosse Tatsache, dass die Vorauszahlung nicht geleistet wurde, offensichtlich nicht aus. Die Art. 45 und 60 VZG sehen sogar ausdrücklich vor, dass die Versteigerung in diesem Fall fortgesetzt werden muss (E. 7.3).