BGer 4A_207/2023 vom 25. Juli 2024
Werkvertrag; Zivilrechtliche Vertretung; Bauhandwerkerpfandrecht; Art. 32 ff. OR
Zivilrechtliche Vertretung (Art. 32 ff. OR) – Wiederholung der Grundsätze (E. 4.1). Nach der Rechtsprechung ergibt sich die Erteilung einer stillschweigenden Innenvollmacht im Sinne von Art. 32 Abs. 1 OR entweder aus einer Duldung oder aus einem Anschein. Eine interne Duldungsvollmacht liegt vor, wenn der Vertretene weiss, dass eine Person in seinem Namen gegenüber einem Dritten gehandelt hat, ohne dass er sie dazu ermächtigt hat, er aber gegen diese unerbetene Vertretungshandlung keinen Einspruch erhoben hat. Eine interne Anscheinsvollmacht liegt vor, wenn einerseits der Vertretene nicht weiss, dass eine Person als sein Vertreter gegenüber einem Dritten aufgetreten ist, er dies aber hätte wissen müssen, wenn er die nach den Umständen zu erwartende Aufmerksamkeit aufgebracht hätte, und wenn andererseits die Vertreterin das Verhalten des Vertretenen nach Treu und Glauben als Vollmachtserteilung interpretieren durfte (E. 4.2.1).
Im vorliegenden Fall stellt das BGer entgegen der Auffassung der kantonalen Instanz fest, dass es tatsächlich die Gesellschaft, die Eigentümerin der Liegenschaft ist, durch ihren Alleinaktionär war, der im März 2019 den Beschluss fasste, die Tiefgarage vollständig zu renovieren. Der Alleinaktionär konnte im Übrigen die Bauarbeiter nicht übersehen, da er in dem Gebäude wohnte. Diese Entscheidung zur Renovierung wurde der Hausverwaltung zwangsläufig mitgeteilt, da diese im selben Zeitraum mit dem Bauunternehmer Kontakt aufnahm, um einen Kostenvoranschlag einzuholen. Offensichtlich konnte die (vertretende) Hausverwaltung nach den Regeln von Treu und Glauben diese Mitteilung als Ermächtigung der (vertretenen) Eigentümerin verstehen, in ihrem Namen ausserordentliche Verwaltungshandlungen im Zusammenhang mit der Renovierung vorzunehmen. Diese internen Befugnisse ergeben sich aus einer Anscheinsvollmacht, da die Eigentümerin hätte wissen müssen, dass die strittigen Arbeiten von der Hausverwaltung in Auftrag gegeben wurden, die in gutem Glauben davon ausgehen konnte, dass sie zu solchen Handlungen berechtigt ist. Im Ergebnis wird die Eigentümerin zur Zahlung des Preises für die Arbeiten verurteilt und die Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts für denselben Betrag bestätigt (E. 4.2.2).