BGer 2D_1/2024 vom 1. März 2024

Öffentliche Beschaffungswesen; Ungewöhnlich niedriges Angebot; Art. 42 RMP/GE

Ungewöhnlich niedriges Angebot – Nach der Rechtsprechung steht es den Bietern grundsätzlich frei, die Preise ihrer Angebote zu kalkulieren. Ein Angebot mit einem ungewöhnlich niedrigen Preis, gegebenenfalls auch unterhalb der Selbstkosten, stellt daher in der Regel kein unzulässiges Verfahren an sich dar, sofern der Bieter die Eignungskriterien und die gesetzlichen Voraussetzungen für den Zugang zum Verfahren erfüllt, was die Vergabebehörde im Zweifelsfall durch Einholung von Präzisierungen überprüfen kann. Stellt sich aufgrund dieser Präzisierungen heraus, dass das Angebot Mängel hinsichtlich der Fähigkeit des Bieters aufweist, den öffentlichen Auftrag auszuführen oder die festgelegten gesetzlichen Bedingungen zu erfüllen, wird es aufgrund dieser Mängel ausgeschlossen oder schlechter bewertet, nicht aber aufgrund des ungewöhnlich niedrigen Preises. Art. 42 Abs. 1 Bst. e RMP/GE erlaubt nicht nur den Ausschluss eines Bieters, wenn dieser sein ungewöhnlich niedriges Angebot nicht begründet, sondern auch, wenn die gegebenen Begründungen nicht ausreichend überzeugend sind (E. 3.3).

Im vorliegenden Fall wich das Angebot des Bieters um mehr als 38 % vom Durchschnitt der eingegangenen Angebote ab und stellte somit ein ungewöhnlich niedriges Angebot dar. Bezüglich der angegebenen Verfügbarkeitsrate seines Projektteams (Ingenieur und Projektleiter mit einem Beschäftigungsgrad von 40 %), zu der die Vergabebehörde ihn befragte, bezog sich der Bieter ausdrücklich auf Lösungen, die er in seinem Angebot nicht berücksichtigt hatte, ohne jedoch zu erklären, auf Kosten welcher anderen Aufgaben oder Tätigkeiten er zusätzliche Ressourcen einsetzen könnte, ohne sein finanzielles Gleichgewicht zu gefährden. Darüber hinaus warf auch das Fehlen von Zeichnungsstunden in der Vorentwurfsphase im strittigen Angebot Zweifel an dessen Seriosität auf. Folglich hat die Vergabebehörde weder ihren Ermessensspielraum missbraucht noch gegen Art. 42 Abs. 1 Bst. e RMP/GE verstoßen, als sie davon ausging, dass die vom Bieter gegebenen Antworten nicht ausreichten, um den ungewöhnlich niedrigen Preis zu erklären, und dass dies einen Ausschluss des Angebots rechtfertigte (E. 3.6).

Öffentliche Beschaffungswesen

Öffentliche Beschaffungswesen