BGer 4A_329/2023 vom 26. Februar 2024

Werkvertrag; Übertragung des Vertrags; Auslegung des Vertrags; Art. 18, 363 ff. OR

Vertragsübertragung – Die Vertragsübertragung bewirkt, dass das gesamte Vertragsverhältnis mit allen damit verbundenen Rechten und Pflichten von einer Vertragspartei auf einen Dritten übergeht, der an ihre Stelle tritt. Es handelt sich um einen innominierten Vertrag sui generis, der nicht der einfachen Kombination aus Forderungsabtretung und Schuldübernahme entspricht. Nach dem Grundsatz der Formfreiheit ist die Vertragsübertragung an keine bestimmte Form gebunden. Sie kann nicht ohne die Zustimmung des Schuldners vereinbart werden : sie setzt die Zustimmung aller Beteiligten voraus. Ein unbeschränkter Vertragsübergang liegt vor, wenn die eintretende Partei auch für die Zeit vor dem Übergang an die Stelle der austretenden Partei tritt ; sie übernimmt somit alle Verpflichtungen und erwirbt alle Rechte, die seit dem Abschluss des bereits bestehenden Vertrags entstanden sind. Eine begrenzte Übertragung liegt hingegen vor, wenn die eintretende Partei die austretende Partei nur für die Zukunft, d. h. für die Zeit nach der Übertragung, ersetzt (E. 5.1).

Vertragsauslegung – Wiederholung der Grundsätze. Nach der Rechtsprechung ist bei Zweifeln über den Willen der Parteien hinsichtlich der unbegrenzten oder begrenzten Natur der Vertragsübertragung auf das mutmaßliche Interesse des neuen Vertragspartners an der Übertragung abzustellen (E. 5.2). Grundsätzlich ist Gegenstand des Werkvertrags das Arbeitsergebnis und nicht die Arbeit als solche. Die Erfüllung der versprochenen Leistung erfolgt zum Zeitpunkt der Lieferung und ist daher nicht zeitlich gestreckt. Bei einem Dauerschuldverhältnis liegt das Interesse des neuen Vertragspartners in der Regel darin, eine begrenzte Übertragung zu vereinbaren, um zu vermeiden, dass er etwaige Risiken aus einer früheren Situation tragen muss. Der Werkvertrag setzt ihn keinen solchen Risiken aus, jedenfalls nicht, wenn wie im vorliegenden Fall keine Sukzessivlieferungen erfolgen. Im vorliegenden Fall haben die neuen Käufer im Übergabevertrag eine neue Frist für die Lieferung des Bauwerks festgelegt, so dass sie ein Interesse daran hatten, das Recht auf Schadenersatz zu behalten, wenn diese Frist nicht eingehalten würde. Es ist daher festzuhalten, dass eine unbeschränkte Vertragsübertragung stattgefunden hat (E. 6.3).

Werkvertrag

Werkvertrag

Allgemeiner Teil OR

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