BGer 5A_97/2022 vom 7. Februar 2024
Dienstbarkeit; Notweg; Bestimmung des dienenden Grundstücks; Art. 694 ZGB
Notweg (Art. 694 ZGB) – Wiederholung der Grundsätze (E. 2.1). Der Eigentümer, der Zugang zu einem Grundstück erhalten möchte, muss zunächst auf die Instrumente zurückgreifen, die das öffentliche Recht bietet ; Art. 694 ZGB kann nur subsidiär zum Einsatz kommen (E. 2.3.1).
Bestimmung des dienenden Grundstücks (Art. 694 Abs. 2 und 3 ZGB) – Ein Anspruch auf einen Notweg Durchgang muss zunächst gegen den Nachbarn gerichtet werden, von dem der Durchgang aufgrund des früheren Zustands der Grundstücke und der Zufahrtswege am natürlichsten beansprucht werden kann. Bei einer Grundstücksteilung ist dies das andere geteilte Grundstück, das noch über einen Zugang verfügt. Diese Rangfolge wird durch Art. 694 Abs. 3 ZGB relativiert und es kann in zwei Fällen davon abgewichen werden : erstens, wenn die Bau- und Unterhaltskosten unverhältnismässig hoch erscheinen ; zweitens, wenn die Massnahme dem Eigentümer des mit dem ersten Kriterium bezeichneten Grundstücks einen unverhältnismässigen Nachteil zufügen würde und ein anderes Grundstück belasten könnte, indem sie dessen Eigentümer einen wesentlich geringeren Nachteil zufügt (E. 2.3.2).
Im vorliegenden Fall war der Schaden für die belasteten Grundstücke (Kriterium des weniger schädlichen Durchgangs) finanziell geringer als für die aus der Parzellenteilung hervorgegangenen Grundstücke (Kriterium des früheren Zustands der Eigentumsverhältnisse). Zudem führte der erforderliche Durchgang nicht zu einer tatsächlichen Verringerung der Nutzungsmöglichkeiten der belasteten Grundstücke, da nur der Landstreifen belastet war, der als « Versorgungsweg » für die auf dieser Parzelle ausgeübte Tätigkeit diente (E. 2.3.3). Tatsächlich ist es bei gleichem Schaden nicht willkürlich, Parzellen, auf denen bereits ein Weg existiert, gegenüber einer unberührten Parzelle zu bevorzugen (E. 2.3.4).