BGer 4A_531/2023 vom 20. Oktober 2023

Werkvertrag; Qualifizierung eines Fensterreinigungsvertrags und Schaden; vertragliche Haftung; Sorgfalts- und Treuepflicht des Unternehmers; Beweisgrad; Art. 97 ff., 101, 127, 363 ff., 368, 371 OR; 8 ZGB

Qualifizierung eines Fensterreinigungsvertrags und Schaden – Die Reinigung von Fenstern, wie im vorliegenden Fall der Fenster einer Villa am Ende der Bauphase, unterliegt dem Werkvertrag (E. 3). Fenster, die vom Bauunternehmer oder seinen Hilfspersonen beim Putzen zerkratzt werden, sind weder ein Mangel des Bauwerks noch ein Mangelfolgeschaden, sondern ein akzessorischer Schaden. Dieser ergibt sich aus der Verletzung einer Nebenpflicht des Bauunternehmers. Tatsächlich waren die Fenster am Ende der Ausführung des Werkvertrags über die Reinigung der Fenster sauber. Für den Ersatz dieses Schadens kommen daher nicht die Mängelgewährleistungsrechte (Art. 368 OR) in Frage (die insbesondere der Mängelanzeigepflicht und der Verjährungsfrist von Art. 371 OR unterliegen), sondern die allgemeinen Regeln über die Nichterfüllung von Pflichten in Art. 97 ff. 101 OR sowie die Verjährung in Art. 127 OR (E. 3.1.1).

Vertragliche Haftung (Art. 97 ff. OR) – Wiederholung der Grundsätze (E. 3.1.2). Sorgfalts– und Treuepflicht des Unternehmers (Art. 364 – 365 OR) (E. 3.1.3).

Beweisgrad (Art. 8 ZGB) – Hinweis auf die Grundsätze (E. 3.1.4). Damit der Richter annehmen kann, dass der Bauunternehmer seine Sorgfaltspflicht verletzt hat, indem er die vom Bauherrn zur Verfügung gestellten Fenster nicht mit der erforderlichen Sorgfalt behandelt hat, muss der Bauherr beweisen, dass die Fenster vor Beginn der Reinigung durch den Bauunternehmer nicht verkratzt waren und dass sie unmittelbar nach der Reinigung verkratzt wurden. Da dieser Beweis aufgrund der Natur der zu beweisenden Tatsache nicht objektiv unmöglich zu erbringen ist, kann das Gericht keinen Beweisnotstand und keine Reduktion des Beweismaßes auf die überwiegende Wahrscheinlichkeit zulassen (E. 3.2). Im vorliegenden Fall stellt das BGer durch Substitution der Begründung fest, dass der Beweis, dass der Unternehmer seine vertragliche Nebenpflicht, das vom Meister gelieferte Material sorgfältig zu behandeln, verletzt hat, sehr wohl erbracht wurde (E. 4).

Werkvertrag

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