BGE 149 III 393, BGer 5A_100/2020 vom 15. August 2023

Stockwerkeigentum; Anfechtung von Beschlüssen der Versammlung der Stockwerkeigentümer; Verteilung der gemeinsamen Lasten und der Kosten der gemeinsamen Verwaltung; Änderung des Reglements von Stockwerkeigentum; Art. 75 und 712h, 712g, 712m ZGB

Anfechtung von Beschlüssen der Versammlung der Stockwerkeigentümer (Art. 712m und 75 CC) – Jeder Stockwerkeigentümer hat das Recht, Beschlüsse, denen er nicht zugestimmt hat, innerhalb eines Monats, nachdem er von ihnen Kenntnis erhalten hat, bei Gericht anzufechten. Mit der Anfechtungsklage kann nicht die Zweckmäßigkeit und Angemessenheit der Beschlüsse der Eigentümerversammlung geprüft werden, sondern nur, ob sie gegen die gesetzlichen Normen oder die Gemeinschaftsordnung, die das Stockwerkeigentum regeln, verstossen (E. 2).

Verteilung der Gemeinschaftliche Kosten und Lasten (Art. 712h ZGB) – Wiederholung der Grundsätze.

Reglement über die Verwaltung und Benutzung – Gemäss Art. 712g Abs. 3 ZGB kann jeder Miteigentümer verlangen, dass ein Verwaltungs- und Benutzungsreglement, das gültig ist, sobald es von der Mehrheit der Miteigentümer, die zusätzlich mehr als die Hälfte des Wertes der Anteile vertreten, angenommen wurde, erstellt und im Grundbuch angemerkt wird; selbst wenn das Reglement in der Gründungsurkunde enthalten ist, kann es durch einen Beschluss dieser doppelten Mehrheit geändert werden (E. 3.1).

Im vorliegenden Fall hatten die Stockwerkeigentümer im Stockwerkeigentümerreglement eine Zweidrittelmehrheitsregel der Miteigentümer für Reglementsänderungen verankert, d.h. eine restriktivere Regelung als diejenige von Art. 712g Abs. 3 ZGB, welche die doppelte Mehrheit der Miteigentümer und des Anteilswertes vorsieht. Während das Bundesgericht die Frage stets offengelassen hatte (siehe E. 3.4.1.1) und die Lehre zu diesem Thema gespalten ist (siehe E. 3.4.1.2), kommt das Obergericht zu dem Schluss, dass das im vorliegenden Reglement vorgesehene Zweidrittelsmehr zulässig ist. Seiner Ansicht nach muss jede Regel, die vom Quorum in Art. 712g Abs. 3 ZGB abweicht, den beiden folgenden Anliegen gerecht werden : Die für die Änderung eines Stockwerkeigentumsreglements erforderliche Mehrheit muss einerseits sicherstellen, dass Minderheitsmiteigentümern nicht ohne weiteres eine Änderung des Reglements aufgezwungenwird, und andererseits verhindern, dass ein Miteigentümer oder eine Minderheit von Miteigentümern einen solchen Einfluss ausübt, dass er jede Änderung und damit die Verwaltung und Weiterentwicklung der Gemeinschaftsordnung blockiert (E. 3.4.1.2).

Stockwerkeigentum

Stockwerk-eigentum

Zur Publikation vorgesehen

Zur Publikation vorgesehen

Analyse

Analyse

Analyse des Urteils BGE 149 III 393, BGer 5A_100/2020

Amédéo Wermelinger

31. Oktober 2023

Wenn die Klärung keine Klarheit bringt