BGer 5A_227/2023 vom 5. Juli 2023

Schuldbetreibung und Konkurs; Verfolgung der Pfandverwertung; Mitbetroffene und Gesamtschuldner; Art. 17, 70, 85, 151 ff. SchG; 88 und 100 VZG

Mitbeteiligte in der Betreibung auf Pfandverwertung (Art. 151 ff. SchKG) – Im Rahmen einer Betreibung auf Pfandverwertung sieht Art. 153 Abs. 2 SchKG die Zustellung eines Exemplars des Zahlungsbefehls nicht nur an den betriebenen Schuldner vor, sondern auch an den Dritten, der das Pfand errichtet hat oder dessen Eigentümer geworden ist, sowie an dessen Ehegatten oder eingetragenen Partner, wenn die belastete Liegenschaft die Familienwohnung oder die gemeinsame Wohnung ist. Mit dieser Zustellung erwerben diese Dritten die Stellung von Mitbetroffenen mit allen daraus resultierenden Rechten, insbesondere dem Recht, gegen den Zahlungsbefehl Rechtsvorschlag zu erheben, das Nichtbestehen oder die Tilgung der Betreibungsforderung geltend zu machen, deren Höhe zu bestreiten oder sich auf das Fehlen des Pfandrechts zu berufen. Das Exemplar des Zahlungsbefehls ist nur ein Duplikat desjenigen, das dem Schuldner zugestellt wurde und trägt die gleiche Nummer, so dass es nur eine Betreibung gibt. Die Betreibung kann nicht fortgesetzt und die Verwertung nicht vollzogen werden, solange die Zahlungsbefehle, die dem Betreibenden und dem Mitbetreibenden zugestellt wurden, nicht rechtskräftig sind (E. 5.2).

Solidarschuldner (Art. 70 Abs. 2 SchKG) – Wenn Solidarschuldner gleichzeitig betrieben werden, muss jedem von ihnen ein Zahlungsbefehl zugestellt werden. Die Mitschuldner werden also nicht mit ein und derselben Betreibung verfolgt, sondern mit so vielen verschiedenen Betreibungen, wie es Mitschuldner gibt, und zwar auch dann, wenn es sich um Betreibungen auf Pfandverwertung handelt und das verpfändete Recht gegenüber allen Mitschuldnern das gleiche ist (Art. 88 Abs. 1 und 4 ORFI). Der Rechtsvorschlag eines der Mitschuldner wirkt nur in Bezug auf ihn und bleibt ohne Einfluss auf die anderen Betreibungen. Gegen jeden der Schuldner kann eine Betreibung für den gesamten Betrag der Schuld eingeleitet werden. Die Betreibung muss gemäss Art. 85 SchKG aufgehoben werden, wenn der Gläubiger von einem Mitschuldner entweder durch eine freiwillige Zahlung oder durch Zwangsvollstreckung befriedigt worden ist (E. 5.2).

Im vorliegenden Fall geht es um zwei verschiedene Betreibungsverfahren zur Pfandverwertung, die sich gegen zwei solidarisch haftende Mitschuldner richten. So konnte das Betreibungsverfahren gegen eine Mitschuldnerin, die sich zu diesem Zeitpunkt im Stadium der Verwertung befand, weitergeführt werden und das Amt konnte den Verkauf der Liegenschaft vornehmen, auch wenn der Zahlungsbefehl gegen die andere Mitschuldnerin noch nicht rechtskräftig war (E. 5.3).

SchKG (Schuldbetreibung)

SchKG (Schuldbetreibung)