BGE 149 III 405, BGer 4A_145/2023 vom 3. Juli 2023
Vorkaufsrecht; Beschwerde gegen eine Zwischenverfügung; unbezifferte Zahlungsklage; Schaden; Abtretung von vertraglichen; Vorkaufsrechten; Vorkaufsfall; Art. 85 und 237 ZPO; 216b OR
Beschwerde gegen einen Zwischenentscheid (Art. 237 Abs. 2 ZPO) – Erlässt das Gericht einen Zwischenentscheid, der die Gültigkeit der Übertragung eines Vorkaufsrechts sowie dessen Ausübung betrifft, obliegt es der Partei, die sich dagegen wehrt, eine eigenständige Beschwerde beim übergeordneten Gericht einzureichen ; eine spätere Anfechtung zusammen mit dem Endentscheid ist nicht mehr möglich (E. 1.3).
Unbezifferte Zahlungsklage (Art. 85 ZPO) – Unbestritten ist, dass die Bezifferung dieses Begehrens zu Beginn des Verfahrens noch nicht möglich beziehungsweise noch nicht zumutbar – da von einem Gutachten über den Verkehrswert des Grundstücks abhängig – und insofern die Voraussetzung von Art. 85 Abs. 1 ZPO gegeben war. Strittig ist, ob es im Sinne von Art. 85 Abs. 2 ZPO zulässig ist, die Rechtsbegehren erst in den Schlussplädoyers zu beziffern. Das Bundesgericht erkennt, dass die Bezifferung im vorliegenden Fall ohne Verzögerung erfolgte, da das Gutachten 2020 abgegeben wurde, aber auch danach noch Gegenstand von Kritik war und zwei Ergänzungen des Gutachtens wurden mit Datum vom 2. Dezember 2020 und 25. August 2021 vorgelegt. Schliesslich forderte das Gericht die Parteien in einer Entscheidung vom 9. November 2021 zu schriftlichen Plädoyers auf, in denen es sich erneut zur Zulässigkeit zahlreicher Beweismittel äusserte. Daraus folgt, dass in diesem Fall nur der Abschluss der Beweisaufnahme eine Bezifferung der Forderung ermöglichte, sodass die in den schriftlichen Plädoyers vom 28. Februar 2022 erfolgte Bezifferung nicht verspätet ist.
Abtretung vertraglicher Vorkaufsrechte – Die Übertragbarkeit vertraglicher Vorkaufsrechte an Grundstücken ist derzeit in Art. 216b OR geregelt. Nach Abs. 1 dieser Bestimmung sind solche Vorkaufsrechte nicht übertragbar, es sei denn, es wurde etwas anderes vereinbart (E. 5.1). Im vorliegenden Fall bestand diese Bestimmung, die am 1. Januar 1994 in Kraft trat, bei Vertragsabschluss nicht und es gab keine andere Bestimmung, die sich mit dieser Frage befasste. In der Rechtsprechung und Lehre wurde damals festgehalten, dass das Vorkaufsrecht generell nicht übertragbar sei, dass sich die Übertragbarkeit aber « aus dem Willen der Parteien oder aus den besonderen Umständen des Einzelfalls » ergeben könne. Dies ist hier der Fall, da die Parteien bei Vertragsabschluss ein hohes Alter hatten und eine subjektive Auslegung ihres Willens ergibt, dass sie eine Übertragung wie im vorliegenden Fall, d. h. unter Lebenden, aber an die gesetzlichen Erben, auf Rechnung eines künftigen Nachlasses, für möglich gehalten hätten (E. 5.2-5.4).
Schaden – Der Schaden aus der Verletzung des Vertrags, der das Vorkaufsrecht gewährt, entspricht im vorliegenden Fall der Differenz zwischen dem Verkehrswert des Grundstücks zum Zeitpunkt der Vertragsverletzung und dem vom Käufer gezahlten Kaufpreis, zu dem die Vorkaufsberechtigten das Grundstück somit hätten erwerben können (E. 6).
Vorkaufsfall – Wenn eine Eigentumsübertragung im Hinblick auf eine zukünftige Erbschaft erfolgt, löst sie weder nach neuem noch nach altem Recht einen Vorkaufsfall aus. In der Regel liegt nämlich kein Vorkaufsfall vor, wenn ein Geschäft unter besonderer Berücksichtigung persönlicher Beziehungen abgeschlossen wird, wie dies insbesondere bei einem Erbvorbezug der Fall ist, bzw. wenn ein Grundstück unter Berücksichtigung des künftigen Erbrechts auf einen gesetzlichen Erben übertragen wird. Der Verkauf stellt sich dann als eine vorzeitige Regelung des Nachlasses dar (E. 7).