BGer 4A_378/2022 vom 30. März 2023
Leihvertrag; Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland; Dispositionsgrundsatz; Aberkennungsklage; ungerechtfertigte Bereicherung; Art. 2 ff BewG; 62 ff OR; 83 SchKG; 58 ZPO
Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (Art. 2 ff. BewG) – Wiederholung der Grundsätze. Rechtsgeschäfte über den Erwerb eines Grundstücks sind nichtig, wenn der Erwerber das Rechtsgeschäft ausführt, ohne eine Genehmigung einzuholen (Art. 26 Abs. 2 Bst. a BewG). Die Nichtigkeit ist von Amtes wegen zu beachten; sie hat zur Folge, dass die Leistungen innerhalb eines Jahres ab dem Zeitpunkt zurückgefordert werden können, in dem der Antragsteller von seinem Rückforderungsanspruch Kenntnis erlangt hat (E. 3.1).
Dispositionsgrundsatz (Art. 58 ZPO) – Wiederholung der Grundsätze (E. 4.2 und 4.3) Aberkennungsklage (Art. 83 Abs. 2 SchKG) – Wiederholung der Grundsätze (E. 4.3.1 und 4.3.2). Der Streitgegenstand im Aberkennungsverfahren ist insofern begrenzt, als zwischen der vom Gläubiger im Betreibungsverfahren geltend gemachten Forderung und der vom Gericht im Aberkennungssverfahren anerkannten Forderung Identität bestehen muss (E. 4.3.2). Im Betreibungsverfahren wird der Streitgegenstand durch den Zahlungsbefehl festgelegt; der Forderungsgrund muss zusammen mit dem übrigen Inhalt des Zahlungsbefehls die betriebene Person über den Grund der Betreibung informieren (E. 4.3.3). Die alleinige Angabe des Rechtsgrundes im Betreibungsbegehren oder Zahlungsbefehl lässt daher jedoch nicht den Schluss zu, dass sich die Betreibung auf diesen Rechtsgrund beschränkt. Diese Angabe dient in der Regel nur dazu, den Sachverhalt, aus dem die Forderung abgeleitet wird, vereinfacht zu beschreiben. Selbst wenn der Zahlungsbefehl einen vertraglichen Anspruch erwähnt, schliesst er folglich nicht Ansprüche aus, die sich auf das Recht der ungerechtfertigten Bereicherung, das vertragsähnliche Recht oder das Deliktsrecht stützen können (E. 4.3.4).
Im vorliegenden Fall forderte der Zahlungsbefehl die Rückzahlung eines Darlehens, das nichtig war, da es auf den Erwerb einer Immobilie in der Schweiz durch eine Gesellschaft abzielte, die einer ausländischen Person gehörte. Das Bundesgericht erkennt an, dass der Rückzahlungsanspruch aus dem Darlehensvertrag und der Rückerstattungsanspruch auf der Grundlage von Art. 26 Abs. 4 Bst. b BewG aus demselben Sachverhalt herrühren, der der Gewährung der Darlehenssumme auf der Grundlage des Darlehensvertrags zugrunde liegt. Ob dies auf der Grundlage eines gültigen Darlehensvertrags oder auf der Grundlage des Rechts der ungerechtfertigten Bereicherung geschieht, spielt für die Identität der Forderung keine Rolle. Folglich konnte das vorherige Gericht, das das Recht von Amts wegen anwendet (Art. 57 ZPO), die Aberkennungsklage abweisen, indem es die Existenz des Rückzahlungsanspruchs auf der Grundlage von Art. 26 Abs. 4 BewG anerkannte (E. 4.3.6).
Ungerechtfertigte Bereicherung (Art. 62 ff. OR) – Die Rückerstattung von Geldleistungen gemäss Art. 26 Abs. 4 lit. b BewG erfolgt nach den Bestimmungen über die ungerechtfertigte Bereicherung gemäss Art. 62 ff. Im vorliegenden Fall war der Darlehensvertrag nichtig und somit von Anfang an unwirksam (ex tunc). Die Feststellung der Nichtigkeit bedurfte keiner gesonderten gerichtlichen Feststellung, sondern erfolgte von Rechts wegen. Folglich bestand, wie die Vorinstanz richtig erkannte, bereits mit der Auszahlung der Darlehenssumme an die Beschwerdeführerin ein fälliger Rückforderungsanspruch im Sinne von Art. 26 Abs. 4 lit. b BewG. Der Verzugszins läuft ab der Zustellung des Zahlungsbefehls (E. 5.1.2). Mangels Naturalrückzahlung und Gutgläubigkeit des Bereicherten, der die Nichtigkeit des Darlehensvertrags kannte, sind die Art. 64 und 65 OR im vorliegenden Fall nicht anwendbar (E. 5.1.3).
Rechtliches Gehör – Eine Partei kann sich nicht auf eine Verletzung des rechtlichen Gehörs und insbesondere nicht auf eine überraschende Anwendung einer Rechtsnorm berufen, wenn das Gericht die Rückzahlungsregel von Art. 26 Abs. 2 lit. b BewG anwandte und die Gegenpartei die Nichtigkeit des Darlehensvertrags auf der Grundlage von Art. 26 Abs. 2 lit. a BewG geltend gemacht hatte, wobei die erste eine Folge der zweiten war (E. 7.3).