BGE 149 III 165, BGer 5A_784/2021, 5A_793/2021, 5A_794/2021 vom 27. Februar 2023
Miteigentum; Aufhebung von Miteigentum; Zwangsversteigerung; Art. 650 ff ZGB; 229 OR; VZG
Aufhebung von Miteigentum (Art. 650 ff. ZGB ; Art. 229 ff. OR) – Jeder Miteigentümer hat das Recht, die Aufhebung des Miteigentums zu verlangen (vorbehaltlich der im Gesetz genannten Ausschlussgründe). Können sich die Miteigentümer nicht über die Art und Weise der Aufhebung einigen, ordnet das Gericht die körperliche Teilung der Sache an oder, wenn dies nicht ohne erhebliche Wertminderung möglich ist, den Verkauf der Sache in einer öffentlichen Versteigerung oder unter den Miteigentümern. Das Gericht muss nach den konkreten Umständen des Einzelfalls entscheiden. Kaufverträge, die im Wege der Versteigerung geschlossen werden, sind in den Art. 229-236 OR geregelt : Gegenstand sind in erster Linie freiwillige öffentliche Versteigerungen (Art. 229 Abs. 2 OR) sowie Zwangsversteigerungen (Art. 229 Abs. 1 OR), die jedoch ausschließlich dem SchKG unterliegen.
Regeln für die öffentliche Versteigerung nach Art. 651 Abs. 2 ZGB – Strittig ist, ob die vom Teilungsgericht festgelegten Regeln für die öffentliche Versteigerung, einschließlich der Schätzung der Immobilie durch einen vom Gericht bestellten Sachverständigen, bindend sind oder ob die öffentliche Versteigerung der Zwangsversteigerung von Immobilien nach dem SchKG unterliegt, das das Recht auf eine neue Schätzung regelt (Art. 9 Abs. 2, Art. 99 Abs. 2 VZG).
Das Bundesgericht stellt fest, dass es diese Frage noch nie zu entscheiden hatte (E. 3.4.1) und dass die kantonale Praxis die vom Teilungsgericht festgelegten Versteigerungsbedingungen sowie Art. 229 ff. OR in Verbindung mit den kantonalrechtlichen Bestimmungen über die öffentliche Versteigerung als massgebend erachtet (E. 3.4.2). In der Lehre wird auch darauf hingewiesen, dass die öffentliche Versteigerung im Sinne von Art. 651 Abs. 2 ZGB nicht als Zwangsversteigerung im Sinne des SchKG oder der RiVASt gilt und es vielmehr Aufgabe des Teilungsgerichts ist, die Bedingungen der Versteigerung, sofern sich die Parteien nicht über die Einzelheiten einigen können, unter Berücksichtigung der kantonalen Versteigerungsverordnungen festzulegen. Als « freiwillige Verkäufe » gelten nicht nur Veräusserungen, die auf freiem Willen beruhen, sondern auch Versteigerungen, die das Gesetz in zahlreichen Bestimmungen vorsieht, wie etwa in Art. 651 Abs. 2 ZGB (E. 3.4.3). Das Bundesgericht ist der Ansicht, dass selbst wenn der « freiwillige » Charakter des Verkaufs verneint werden sollte, dies nicht zur Anwendung der Regeln des SchKG und des ZVG führen würde, sondern nur zur Anwendung der kantonalen Regeln, da die Beteiligung eines Amtes am Prozess nicht entscheidend ist (E. 3.5.2). Folglich sind die vom Teilungsgericht angeordneten Teilungsmodalitäten bindend, insbesondere die Ernennung eines bestimmten Experten für die Schätzung des Vermögens; das Betreibungsamt muss keine Neuschätzung im Sinne von Art. 9 Abs. 2 VZG vornehmen, sofern die Parteien nichts anderes vereinbaren (E. 3.5.5).