BGer 4A_422/2022 vom 18. Januar 2023

Werkvertrag; Strafklausel; Art. 160 ff. OR

Strafklausel – Die Konventionalstrafe oder Strafklausel im Sinne von Art. 160 OR ist die Leistung, die der Schuldner dem Gläubiger für den Fall der Nicht- oder Schlechterfüllung einer bestimmten Verpflichtung (Hauptverpflichtung) verspricht. Ein solches Versprechen soll das Interesse des Gläubigers an der Vertragserfüllung schützen, indem es einen zusätzlichen Anreiz für den Schuldner darstellt, den Vertrag einzuhalten. Es verbessert auch die Rechtsposition des Gläubigers, da er von der Pflicht befreit wird, seinen Schaden zu beweisen. Nach Art. 160 Abs. 2 OR kann der Gläubiger, wenn die Strafe im Hinblick auf die Nichterfüllung des Vertrags zur vereinbarten Zeit oder am vereinbarten Ort vereinbart wurde, sowohl die Erfüllung des Vertrags als auch die Bezahlung der Strafe verlangen, wenn er nicht ausdrücklich auf dieses Recht verzichtet oder die Erfüllung vorbehaltlos annimmt (E. 5.1).

Im vorliegenden Fall wurde das Bauwerk am 24. April 2017 übergeben und die vom Meister gewünschten Nachbesserungen im Oktober 2017 abgeschlossen. Der Meister, der das Protokoll über die Abnahme des Werks ohne Vorbehalt unterzeichnete, akzeptierte stillschweigend die verspätete Ausführung und verzichtete somit auf die Geltendmachung der Strafklausel im Sinne von Art. 160 Abs. 2 OR. Folglich kann er sich in einer Widerklage, die im Rahmen eines vom Unternehmer mit Klage vom 22. März 2019 eingeleiteten Zahlungsverfahrens eingereicht wurde, nicht mehr auf die Konventionalstrafe berufen und darin die Verrechnung geltend machen (E. 5.2 und 5.3).

Werkvertrag

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