BGer 5A_420/2022 vom 8. Dezember 2022
Eigentum an Quelle; Prinzip der Akzession ; Kriterien zur Bestimmung des privaten oder öffentlichen Charakters einer Quelle; Art. 664 Abs. 2, 667 Abs. 2 und 704 Abs. 1 ZGB
Eigentum an einer Quelle (Art. 664 Abs. 2, 667 Abs. 2 und 704 Abs. 1 ZGB) – Nach dem Grundsatz der Akzession sind Quellen grundsätzlich Bestandteile der Grundstücke, auf denen sie erscheinen. Das Eigentum des Grundstücks erstreckt sich daher auch auf die darin entspringende Quelle (E. 3.1). Sofern nicht anders bewiesen, fallen öffentliche Gewässer nicht in den Privatbereich (E. 3.2); es obliegt den Kantonen, unter den Gewässern diejenigen abzugrenzen, die als öffentlich zu betrachten sind, da das Bundesrecht die Unterscheidungskriterien nicht näher erläutert (E. 3.2.1). In Abweichung vom Grundsatz der Akzession werden die Quellen öffentlicher Gewässer als Teil des Wasserlaufs betrachtet, aus dem sie entspringen, und nicht als Teil des Grundstücks, auf dem sie sich befinden (E. 3.2.2). Im Kanton Wallis sind alle Wasserläufe öffentlich, einschließlich ihrer Quelle (E. 3.2). Entscheidend ist, ob die Wasserquelle, unabhängig davon, ob sie an mehreren Stellen entspringt, von Anfang an einen Wasserlauf (Bach) darstellt. Es geht darum, ob die Quelle aufgrund der Dicke und der Kontinuität des Flusses ein Bett mit festen Ufern schafft oder hätte schaffen können, wenn sie nicht gefasst worden wäre (E. 3.3). Bei dieser Prüfung ist vom ursprünglichen Zustand der Quelle auszugehen und nicht von möglichen Veränderungen, die durch menschliches Eingreifen entstanden sind (E. 4.3).
Im vorliegenden Fall sprudelt die Quelle an mehreren Stellen und wurde nur rudimentär gefasst. Es bildete sich nie ein Bett, auch nicht vor der besagten Quellfassung; stattdessen versickerte das Wasser im Boden. Da es keine Verbindung zu einem Wasserlauf gibt, ist die Quelle in Anwendung des Akzessionsprinzips privat und kann nicht als öffentlich betrachtet werden (E. 4.1 und 4.4).