BGer 4A_576/2021 vom 26. August 2022
Werkvertrag; Regiearbeiten; Anfechtung eines Gutachtens; Bauhanderkerpfandrecht nach Parzellenteilung; Art. 798, 833 ZGB; 363 ff OR; 45 SIA-Norm 118; 52 ZPO
Anfechtung eines Gutachtens und guter Glaube im Verfahren (Art. 52 ZPO) – Indem der Bauherr die Berufung abwartet, um sich auf Versäumnisse des Gerichtsexperten zu berufen, verstösst er gegen den Grundsatz des guten Glaubens im Verfahren und die im Berufungsstadium vorgebrachten Rügen sind unzulässig (E. 6.1 und 6.2).
Regiearbeiten ausserhalb der Werkvertrages (Art. 45 SIA-Norm 118) – Die Arbeiten nach einem Erdrutsch stellen dringende Arbeiten zur Verhinderung eines Schadens im Sinne von Art. 45 Abs. 2 SIA-Norm 118 dar. Im vorliegenden Fall wurden sie dem Bauherrn gemeldet, der ihre Unterbrechung nicht verlangte, so dass ihre Kosten geschuldet sind (E. 8.2.1).
Der Meister, ein ausgebildeter Architekt, der die Baustelle betreute und Kenntnis von den ausgeführten Arbeiten hatte und diese nicht ablehnte, konnte die Zahlung nicht mit der Begründung verweigern, dass der Vertrag vorsah, dass jeder ausservertraglichen Leistung ein an die Bauleitung gerichteter Kostenvoranschlag vorausgehen müsse (E. 9).
Bauhandwerkerpfandrecht (Änderung des Antrags, Art. 227 und 230 ZPO) – Das Grundstück, auf dem das Pfandrecht provisorisch eingetragen worden war, wurde 2013 in vier Teile geteilt. Im Jahr 2019 änderte der Unternehmer seinen Antrag dahingehend, dass das Pfandrecht die Parzellen 1, 2, 3 und 4 im Verhältnis zu ihrer jeweiligen Fläche belastet. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Schlussfolgerungen im Lichte der ihnen zugrunde liegenden Begründung interpretiert werden, bestätigt das Bundesgericht die kantonale Lösung, wonach das Gesuch um definitive Eintragung in Bezug auf die Parzelle, die die Nummer der ursprünglichen Parzelle vor der Teilung beibehalten hat, zulässig und in Bezug auf die drei neu geschaffenen Parzellen unzulässig ist (E. 10.1).
Verteilung des Pfandrechts nach der Parzellenteilung (Art. 798 ZGB) – Das Bundesgericht bestätigt auch die von der Vorinstanz vorgenommene schematische Verteilung der Hypothek zu gleichen Teilen auf die vier Parzellen. Denn obwohl die Hypothek grundsätzlich in Form von Teilpfandrechten beantragt werden muss, die jedes Grundstück für den Teil der Forderung belasten, der sich auf dieses bezieht (Art. 798 Abs. 2 ZGB), ist die Situation anders, wenn die Arbeiten auf einem einzigen Grundstück durchgeführt wurden, das nachträglich geteilt wurde. In diesem Fall werden zwei Hypothesen unterschieden : Entweder folgt auf die Teilung die Veräußerung eines (oder mehrerer) der neu geschaffenen Grundstücke, dann wird das Pfand im Verhältnis zum Schätzwert der verschiedenen Grundstücke verteilt (Art. 833 Abs. 1 ZGB), oder die durch die Teilung entstandenen Grundstücke bleiben in den Händen desselben Eigentümers, dann wird das Pfand in seiner Gesamtheit als Kollektivpfand auf alle neuen Grundstücke übertragen (E. 10.2).