BGer 5A_719/2022 vom 3. November 2022

Nachbarrecht; Abstände bei Anpflanzungen; Art. 5, 684, 688 ZGB

Abstände bei Anpflanzungen (Art. 688 CC) – Gemäss Art. 688 ZGB sind die Kantone unter anderem befugt, für Anpflanzungen je nach der Art des Grundstücks und der Pflanzen bestimmte Abstände vom nachbarlichen Grundstück vorzuschreiben. Die Bestimmung enthält damit einen echten zuteilenden Vorbehalt zugunsten der Kantone im Sinn von Art. 5 ZGB. Gestützt darauf sind diese ermächtigt, die Abstände festzulegen, welche die Eigentümer für Anpflanzungen einhalten müssen, und Sanktionen für die Verletzung entsprechender Bestimmungen. Halten Pflanzungen kantonalrechtliche Abstände nicht ein, kann ihre Beseitigung ohne Nachweis übermässiger Einwirkungen verlangt werden. Beseitigungsansprüche wegen Unterabstand darf das kantonale Recht befristen, insbesondere einer Verjährungsfrist unterstellen, eine Pflicht zur Befristung besteht hingegen nicht (E. 3.1).

Im vorliegenden Fall stellt das Bundesgericht fest, dass der Kanton Thurgau von der durch Art. 688 ZGB gebotenen Möglichkeit der Gesetzgebung Gebrauch gemacht hat und dass diese Gesetzgebung die Klagemöglichkeiten nicht durch eine Verjährungsfrist einschränkt. Unter diesen Umständen kann die von den Nachbarn auf der Grundlage der kantonalen Gesetzgebung erwirkte Anordnung zum Rückschnitt nur unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs angefochten werden. Es ist jedoch nicht willkürlich, das Fehlen jeglichen böswilligen Verhaltens anzunehmen, wenn die Nachbarn die Anpflanzungen über viele Jahre hinweg toleriert haben, bevor sie schließlich deren Beschneidung verlangten, da diese Dauer keine legitimen Erwartungen bei den Eigentümern der betreffenden Anpflanzungen weckte. Nur ein wirklich widersprüchliches Verhalten und somit besondere Umstände hätten die Nachbarn davon abhalten können, ihre Rechte geltend zu machen (E. 4.3).

Belästigungen

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