BGer 4A_325/2022 vom 22. November 2022

Kaufsrecht und Schenkung; Rechtsschutzes in klaren Fällen; Schenkungsversprechen; Widerruf; Art. 216a, 239 ff OR; 959 ZGB; 257 ZPO

Rechtsschutzes in klaren Fällen (Art. 257 ZPO) – Erinnerung an die Grundsätze (E. 4.1). Das BGer muss sich mit der Möglichkeit befassen, die Eigentumszuweisung an den Begünstigten eines Kaufvertrags über eine wahrscheinliche gemischte Schenkung mittels des Rechtsschutzes in klaren Fällen zu entscheiden.

Kaufrecht – Erinnerung an die Grundsätze. Kaufrechte an Grundstücken können im Grundbuch vorgemerkt werden (Art. 216a OR ; Art. 959 ZGB) (E. 4.2). Das Kaufrecht als solches kann entgeltlich oder unentgeltlich eingeräumt werden. Das Entgelt (der Preis des Kaufrechts) ist die Gegenleistung für die Verpflichtung der Eigentümerin und für ihre Verpflichtung, während der Dauer des Kaufrechts alle Handlungen zu unterlassen, die einen Kauf verhindern könnten. Diese Frage ist unabhängig von der Frage, ob der geplante Kaufvertrag einen Verkauf oder eine gemischte Schenkung darstellt (E. 6.3.1 und 6.3.2).

Immobilienschenkung – Als Schenkung gilt jede Zuwendung unter Lebenden, durch die eine Person eine andere Person ohne entsprechende Gegenleistung um ihr Vermögen bereichert (Art. 239 Abs. 1 OR). Art. 242 OR regelt die Schenkung von Hand zu Hand, wobei zu beachten ist, dass bei Grundeigentum eine Schenkung erst mit der Eintragung im Grundbuch vollzogen wird (Abs. 2). Diese Eintragung setzt ein gültiges Schenkungsversprechen voraus (Abs. 3). Nach Art. 243 Abs. 1 OR bedarf das Schenkungsversprechen der Schriftform, um gültig zu sein. Sind Immobilien Gegenstand der Schenkung, so bedarf es für die Gültigkeit der Schenkung gemäss Art. 243 Abs. 2 OR einer öffentlichen Urkunde (E. 4.3).

Widerruf eines Schenkungsversprechens – Ein Schenkungsversprechen kann generell – und auch in Bezug auf Immobilien – widerrufen werden, wenn eine der Voraussetzungen der Art. 249 und 250 OR erfüllt ist. Wenn das Schenkungsversprechen bereits erfüllt wurde, ist die Schenkerin auf die in Art. 249 OR beschriebenen Widerrufsgründe beschränkt. Der Widerruf kann während eines Jahres erfolgen, nachdem die Schenkerin vom Widerrufsgrund Kenntnis erlangt hat (Art. 251 Abs. 1 OR) (E. 4.3).

Im vorliegenden Fall macht die Tatsache, dass das unentgeltlich eingeräumte Kaufsrecht vollzogen und im Grundbuch vorgemerkt wurde, die Situation nicht eindeutig im Sinne von Art. 257 ZPO. Es muss nämlich insbesondere festgestellt werden, ob der im Versprechen vorgesehene Kaufvertrag tatsächlich eine gemischte Schenkung darstellt und ob die Widerrufsgründe von Art. 250 OR noch geltend gemacht werden können, obwohl die Eigentumsübertragung noch nicht im GB eingetragen wurde, wohl aber der Kaufvertrag (E. 6.3.3).

Schenkung

Schenkung

Kaufvertrag

Kaufvertrag

Verfahren

Verfahren