BGer 4A_411/2021 vom 27. Juli 2022

Mäklervertrag; Abschluss des Vertrags durch konkludentes Verhalten; Vertretung; Art. 32, 33, 38 und 412 OR

Form und Abschluss eines Maklervertrags – Sofern nichts anderes vereinbart wurde, unterliegt der Abschluss eines Maklervertrags keinen Formvorschriften. Er kann sich aus ausdrücklichen Erklärungen der Parteien ergeben oder auch konkludent erfolgen. Ob ein Maklervertrag durch schlüssige Handlungen wirksam geschlossen wurde, hängt von den Umständen ab, aus denen sich ableiten lässt, dass sich die Parteien über die wesentlichen Punkte des Vertrags geeinigt haben, insbesondere darüber, dass sich der Auftraggeber dem Makler gegenüber verpflichtet hat, ihm ein Gehalt zu zahlen. Zurückhaltung ist geboten, wenn es darum geht, den Abschluss eines solchen Vertrags durch konkludentes Verhalten anzunehmen. Die bloße Tatsache, dass der Auftraggeber den Makler handeln lässt, führt nicht zwangsläufig zur Annahme eines Vertragsschlusses durch konkludentes Verhalten. Der Auftraggeber muss die Tätigkeit des Maklers wissentlich dulden, ohne sich ihr zu widersetzen, oder sie stillschweigend in einer anderen Form akzeptieren. Außerdem muss die Tätigkeit des Maklers aufgrund ihrer Dauer oder ihres Umfangs so eindeutig und charakteristisch sein, dass das Fehlen eines Widerspruchs als Wille zum Abschluss eines Maklervertrags interpretiert werden kann. Die Auslegung des Willens der Parteien erfolgt nach den allgemeinen Grundsätzen (E. 5.1).

Im vorliegenden Fall ist die Übersendung eines schriftlichen Vertrags kurz vor dem Verkauf ein Indiz dafür, dass der Vertrag nicht schon vorher durch konkludentes Verhalten zustande gekommen ist (E. 5.2). Dasselbe gilt für die Tatsache, dass der Makler und die Verkäuferin vor dem Tag, an dem der Verkauf vereinbart wurde, nie direkten Kontakt hatten (E. 5.3).

Vertretung (Art. 32 OR) – Erinnerung an die Grundsätze (E. 6.1).

Ein Makler, der die tatsächliche Eigentümerin während der zehnmonatigen Verhandlungen nie kontaktiert hat, weder um die Position einer Vermittlungsfirma zu klären, noch um sich selbst einen Maklervertrag zu sichern, obwohl er zugibt, die genaue Beziehung zwischen der Eigentümerin und dem Vermittler nicht zu kennen, kann nicht davon ausgehen, dass der Vermittler als Vertreter handelt, der befugt ist, einen Maklervertrag im Namen der Eigentümerin abzuschliessen, insbesondere wenn der Vermittler nie den Willen bekundet hat, einen solchen Vertrag abzuschliessen (E. 6.2 und 6.3.1).

Da die vermittelnde Gesellschaft zudem nicht zu erkennen gab, dass sie einen Maklervertrag zwischen der Verkäuferin und der Klägerin abschliessen wollte, stellt sich die Frage der Anwendung von OR 33 und 38 schlichtweg nicht (E. 6.3.2-6.3.4).

Vorweggenommene Beweiswürdigung – Im oben erwähnten Zusammenhang durfte die Vorinstanz die Zeugenaussagen der Vertreter der Käuferin und des Notars, die den Beweis für das Vorliegen eines mündlichen Vertrags erbringen sollten, ablehnen (E. 7).

Mäklervertrag

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Verfahren

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