BGer 4A_155/2021 vom 30. September 2021

Architektenvertrag; Gutachten; Ausstand; Art. 49 und 50 ZPO

Zuständigkeit für die Ernennung eines Sachverständigen. Die Entscheidung über die Ernennung eines Sachverständigen und die Entscheidung über Ablehnungsgründe, die vor der Ernennung artikuliert wurden, ist eine prozessleitende Verfügung, deren Zuständigkeit an ein Mitglied des Gerichts delegiert werden kann (E. 4.4).

Befangenheit. Die gemeinsame Mitgliedschaft in einer öffentlichen oder privaten Institution, einem Club (Rotary, Lions Club etc.), einem Institut, einem Berufsverband, einer politischen Partei oder einer Religionsgemeinschaft ist nicht per se eine Befangenheit oder Voreingenommenheit, da sonst häufig die Gefahr bestünde, keinen Experten zu finden. Die Zugehörigkeit zu einer Interessengemeinschaft kann jedoch unter Umständen eine Ablehnung rechtfertigen, wenn der ideelle Zweck der Einheit in engem Zusammenhang mit dem Gegenstand des Verfahrens steht. Der Sachverständige wird nicht unbedingt abgelehnt, weil er einer bestimmten Denkschule oder wissenschaftlichen Methode anhängt, auch wenn die Schule oder Methode umstritten ist und sich auf das Ergebnis des Gutachtens auswirken kann. Voraussetzung ist allerdings, dass die Schule oder Methode wissenschaftlich anerkannt ist und nicht offensichtlich veraltet ist oder in Fachkreisen auf breiter Basis abgelehnt wird. Die wissenschaftlichen Auffassungen des Gutachters dürfen nicht ausschliesslich den Standpunkt einer der Parteien schützen und den Eindruck erwecken, dass das Schicksal des Prozesses nicht mehr offen ist (E. 5.2).

Im vorliegenden Fall lassen die Funktionen des zum Sachverständigen ernannten Architekten als Vizepräsident der International Union of Architects (UIA) und als Ehrenmitglied des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins (SIA) keinen Anschein von Voreingenommenheitoder Befangenheit erkennen (E. 5.3).

Interne Schiedsgerichtsbarkeit

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Gutachten

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