BGer 5A_86/2021 vom 2. November 2021

Werkvertrag; Einbeziehung der SIA-Norm 118 als Allgemeine Vertragsbedingungen; Art. 93 ZPO; SIA 118

Aufnahme der SIA-Norm 118 in den Werkvertrag - Grundsätze. Die Geltung vorformulierter allgemeiner Geschäftsbedingungen, zu denen auch die SIA-Norm 118 zählt wird durch die Ungewöhnlichkeitsregel eingeschränkt. Danach sind von einer global erklärten Zustimmung zu allgemeinen Vertragsbedingungen alle ungewöhnlichen Klauseln ausgenommen, auf deren Vorhandensein die zustimmende Partei nicht gesondert aufmerksam gemacht worden ist. Die Ungewöhnlichkeit beurteilt sich aus der Sicht des Zustimmenden im Zeitpunkt des unter Berücksichtigung des Einzelfalls. Zu berücksichtigen ist unter anderem, ob der Zustimmende geschäfts- und branchenkundig ist: Je weniger geschäfts- oder branchenerfahren er ist, umso eher wird eine Klausel für ihn ungewöhnlich sein. So können branchenübliche Klauseln für einen Branchenfremden ungewöhnlich sein, für einen Branchenkenner demgegenüber nicht. Branchenkenntnis oder Geschäftserfahrung schliesst aber die Ungewöhnlichkeit nicht zwingend aus. Auch für einen Branchenkundigen oder Geschäftserfahrenen kann eine AGB-Klausel unter Umständen ungewöhnlich sein. Die Ungewöhnlichkeitsregel ist ein Instrument der Konsenslehre; sie konkretisiert das Vertrauensprinzip, das den Schutz von Treu und Glauben im Geschäftsverkehr bezweckt und nicht primär darauf abzielt, die schwächere oder unerfahrene Partei vor der stärkeren oder erfahreneren zu schützen (E. 3.1.1).

Die bloße Berufung auf eine negative Tatsache, in diesem Fall die vom Meister angeführte Unerfahrenheit, verpflichtet den Unternehmer nicht dazu, die Erfahrung seines Vertragspartners zu beweisen, da andernfalls die Beweislast umgekehrt würde. Der Bauunternehmer kann sich somit darauf beschränken, die Unerfahrenheit seines Vertragspartners zu bestreiten (Bestreitungslast), was dem Vertragspartner eine Pflicht auferlegt, die Tatsache zu beweisen, aus der er ein Recht ableitet, nämlich die Anwendung der Insolvenzregel zu seinen Gunsten (E. 3.1.5.2).

Der Bauherr beruft sich auf die Aufrechnung mit dem Zahlungsanspruch aufgrund von Mängeln, die mit der mangelhaften Ausführung zusammenhängen. Der Bauunternehmer beruft sich auf die Abnahme der Sache nach der SIA-Norm 118 und die Anerkennung der Schlussabrechnung ohne Mängelanzeige, um den Schadenersatzanspruch im Zusammenhang mit den durch Gerichtsgutachten anerkannten Mängeln zu bestreiten. Das Gericht darf seine Prüfung nicht auf die Ansprüche des Klägers beschränken, sondern muss alle zur Verrechnung geltend gemachten Gegenansprüche prüfen (E. 3.2).

Es ist nicht zu beanstanden, dass die kantonalen Instanzen für die Berechnung des Streitwerts die Streitwerte der geltend gemachten Ansprüche auf Bezahlung des Werks und auf definitive Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts zusammenrechnen, da die Rechtsfragen unterschiedlich sein können, insbesondere was die Einhaltung der 4-Monats-Frist betrifft (E. 5.3).

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Interne Schiedsgerichtsbarkeit

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