BGer 4A_627/2020 vom 24. August 2021

Immobilienkaufvertrag; Wegbedingung der Gewährleistungen; Art. 199 und 200 OR

Haftung der Grundstückverkäufers. Die Haftung des Verkäufers ist bei erwarteten Eigenschaften weniger streng als bei zugesicherten Eigenschaften, da im ersten Fall der Mangel (zumindest) zu einer erheblichen Minderung des beabsichtigten Nutzens oder des (objektiven) Wertes der Sache führen muss. Wie hoch die Anforderungen an die erwartete Qualität sind, hängt vom Inhalt des Vertrags, den Regeln des guten Glaubens und den sonstigen Umständen des konkreten Falles ab. Generell ist der Wert- oder Nutzungsverlust beachtlich, wenn der Käufer den Vertrag nicht oder zu anderen Bedingungen abgeschlossen hätte, wenn er den Mangel gekannt hätte (E. 4.1).

Arglistige Verschweigen. Das "arglistige Verschweigen" im Sinne von Art. 199 OR umfasst Verhaltensweisen der absichtlichen Täuschung und Irreführung. Sie liegt insbesondere vor, wenn der Verkäufer seinen Vertragspartner nicht auf einen Mangel hinweist, obwohl er eine Informationspflicht hat, die sich aus den Regeln des guten Glaubens ergeben kann. Ob eine Informationspflicht besteht, hängt von den Umständen des konkreten Falles ab. Der Verkäufer ist verpflichtet, den Käufer eines Besseren zu belehren, wenn er weiß - oder wissen sollte -, dass der Käufer über die Eigenschaften des Gegenstandes irrt, oder wenn es sich um einen (insbesondere versteckten) Mangel handelt, mit dem der Käufer nach Treu und Glauben nicht rechnen konnte und der für den Käufer von Bedeutung ist. Dies setzt voraus, dass der Verkäufer tatsächlich Kenntnis von dem Mangel hat. Unkenntnis aufgrund von selbst grober Fahrlässigkeit reicht nicht aus. Die Kenntnis muss nicht unbedingt vollständig sein oder sich auf alle Einzelheiten beziehen; es reicht aus, dass der Verkäufer ausreichend über die Ursache, die den Mangel verursacht, orientiert ist, so dass er nach dem Grundsatz von Treu und Glauben verpflichtet ist, den Käufer darüber zu informieren. Der Verkäufer ist von der Pflicht zur Information des Käufers befreit, wenn er in gutem Glauben davon ausgehen kann, dass der Käufer sich selbst informieren wird, dass er den Mangel ohne weiteres, ohne Schwierigkeiten entdecken wird. Das Verschweigen muss absichtlich geschehen; Eventualvorsatz genügt (E. 4.2).

Ein Verstoß gegen Art. 199 OR ist daher nicht auf der Grundlage von Garantien denkbar, die dem Käufer nicht gegeben wurden (E. 6.2).

Kaufvertrag

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Mängelgewährleistung

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